Fregatte F 220 "Hamburg" bei der Auslaufparade zum Hafengeburtstag 8. Mai 2010

 

 

 

 

 

 

 

 

 

GEDICHT DES MONATS

 

Ein Gedicht ist eine Sternschnuppe des Alltags.

 

 

Mai 2023

 

Hans Krech

 

London is calling

 

Big Ben, die Königin aller Uhren

auf der berühmtesten Turmuhr der Welt

schlägt stündlich,

assistiert von den vier kleineren Viertelstundenglocken.

Der tiefe Ton der Great Bell of Westminster

verkündet eine heilige uralte Botschaft,

die fünfzehn Meilen im Umkreis

in der Londoner City zu hören ist

und die seit 1923

am Beginn der BBC-Radio-News

über die gesamte Welt verbreitet wird.

Seit genau einhundert Jahren.

 

Ein Oratorium,

die Gründungsgeschichte unserer Kultur erzählend,

berichtend vom "Messias",

komponiert von Händel in nur 24 Tagen für die Ewigkeit.

Und dies alles in diesem klaren Bronzebass,

mit gewaltigem Echo aufrüttelnd den Globus,

nach einer Antwort suchend,

jede volle Stunde über den Erdkreis rufend:

Wo ist der Messias?

Wo ist der Erlöser?

Wo ist der Retter?

London is calling!

 

(geschrieben am 11.5.2023)

 

April 2023

 

Hans Krech

 

Meer - Liebe

 

Die Farbe der Liebe ist Türkis

mit Schattierungen in Hellblau

und Dunkelgrün,

windbewegt, sonnengeküsst,

gesichert durch zwei Patrolboats

der Royal Navy in Sichtweite des Strandes.

 

Meine meergeborenen Wünsche

wandern auf unendlichen Wellenautobahnen

in Richtung Atlantik.

 

(Bournemouth, Boscombe Pier, 21 July 2015)

 

März 2023

 

Hans Krech

 

Fliegen

 

Aus der schnellen Laufbewegung heraus

hochschalten in den letzten Gang,

den Turbolader zünden,

das Getriebe aus Muskeln, Knochen, Sehnen und Nerven

in rasende Schwingungen versetzen

bis der Körper im Adrenalinrausch tobt,

mit eherner Konzentration und

titanischem Siegeswillen

in weiten Sätzen vorwärtsschnellen,

während die Füße

im rhythmischen Stones-Trommelwirbel den Boden klopfen.

 

Und dann fliegen:

fliegen, fliegen, fliegen!

siegen, siegen, siegen!

schreien, schreien, schreien!

 

(Sonntag, 29.8.2021, Cranachstr. 75, Hamburg)

 

 

 

Februar 2023

 

Hans Krech

 

Warum fällt der Apfel nach unten?

Oder der beginnende Aufstieg Großbritanniens zur "Werkstatt der Welt"

 

Mittagszeit im Bauerngarten von Woolthorpe Manor,

eine leichte Sommerbrise spielt in dem Laub der Obstbäume,

krault die grünen Blätter,

graue Schatten wandern über den auf der Wiese liegenden

dreiundzwanzigjährigen Physikstudenten hin,

der vor der Pestepidemie 1665 aus Cambridge

in sein Heimatdorf flüchtete,

sinnend über den brutalen Kontrast

dieses idyllischen Sommertages

zum meuchelnden schwarzen Sensenmann ringsum auf der Insel.

Ein Tag, an dem Zehntausende erkranken.

Ein Tag, an dem Tausende sterben.

 

Plötzlich löst sich eine Frucht aus einem der Zweige,

fällt herunter,

direkt auf den Kopf des jungen Wissenschaftlers,

platzt dabei etwas auf.

Der greift nach dem überreifen "Flowers of Kent"-Apfel

und nachdenklich

in das unverhoffte köstliche Geschenk des Gartens hineinbeißend

murmelt er:

"Warum müssen Äpfel immer senkrecht zu Boden fallen,

warum nicht seitwärts oder aufwärts,

warum immer Richtung Erdmittelpunkt?

Sicher ist der Grund dafür,

dass die Erde den Apfel anzieht."

 

So erzählte es Isaac Newton als alter Mann

1726 seinem Biografen William Stukeley,

es war der Anlass zu seinen Forschungen zur Gravitation,

zur weiterführenden Frage,

ob diese Naturgesetze nicht nur auf der Erde gelten,

sondern auch für den Himmel, für den Mond?

Warum begleitete er die Erde,

warum flog er nicht hinaus ins Weltall?

 

Nicht beliebt bei Studenten und Professorenschaft

am Trinity College in Cambridge

und doch alle mit seinen Forschungen weit überragend,

mit 26 Jahren Inhaber des Lehrstuhls für Mathematik,

aufstoßend mutig und kühn

die Himmelspforten in neue Dimensionen der Naturwissenschaften.

 

Die "Philosophiae Naturalis Principia Mathematica"

1681 veröffentlichend,

darin seine Forschungen zur Gravitation zusammenfassend,

wütend und boshaft auf die Kritik

konkurrierender Wissenschaftler reagierend,

mit dem Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz

einen regelrechten Krieg ausfechtend.

 

Aber hochgeehrt und wohlhabend,

von der Krone sogar zum Ritter geschlagen,

nach seinem Tode 1727

in Westminster Abbey beigesetzt.

 

Die Wissenschaft als wichigste Produktivkraft des Empire

auf dem Weg zur Industriellen Revolution

hat Sir Isaac Newton strategisch vorangetrieben.

Er war der Türöffner zum Aufstieg Großbritanniens

zur "Werkstatt der Welt"

zur globalen Technologieführerschaft.

 

(Kleiner Park an der Cranachstr., Pfingstmontag, 6.6.2022, Nachmittag)

 

Januar 2023

 

Hans Krech

 

Wars of the Roses 

(22. Mai 1455 - 17. Juni 1487)

 

Prolog

 

"Das Lied von Feuer und Eis"

aus der Feder des amerikanischen Bestsellerautors George R. R. Martin

und die darauf aufbauende TV-Serie "Game of Thrones"

halten seit Jahren weltweit Milliarden begeisterter Fans

in extremer Spannung mit:

erbitterten blutigen Machtkämpfen mehrerer Dynastien um den

Königsthron des imaginären Westeros,

offenbarend die brutalste Bösartigkeit, Rachsucht und Machtgier,

ausgekämpft in epischen Schlachten,

konsequenten Hinrichtungen sämtlicher Konkurrenten,

bestialischer Folter,

heimtückischen Giftmorden,

oft tödlich endenden Heiratsintrigen.

Die tabulosen erbarmungslosen Machtkämpfe wurden

inspiriert von den Rosenkriegen der Häuser York und Lancaster

in der mittelalterlichen englischen Geschichte.

Schon William Shakespeare,

der größte aller englischen Dichter,

hatte etwa 100 Jahre nach den historischen Ereignissen

acht Dramen zu den Rosenkriegen verfasst,

die York-Tetralogie und die Lancaster-Tetralogie.

"Game of Thrones" seitdem in den Albträumen der Menschheit,

uns nie wieder verlassend,

und doch keine Science Fiction, kein Fantasy Abenteuer,

keine Erfindung begnadeter Literaten,

sondern die Erinnerung an die "Wars of the Roses".

 

Eine historische Niederlage als Auslöser des Bürgerkrieges: "The mad king"

 

Hundert Jahre Krieg gegen Frankreich

und dann doch 1453 verlierend,

zurückgedrängt auf die Insel,

das Ende Englands als kontinentale Macht,

König Henry VI. Lancaster,

fassungslos und haltlos und verwirrt,

darüber den Verstand verlierend,

ein schmählich Besiegter, ein historischer Verlierer,

damit auslösend den Machtkampf

der Häuser Lancaster und York um den Thron,

den die Lancasters seit 1399 für sich hatten erobern können,

beide rivalisierenden Familien

zum Geschlecht der Plantagenet gehörend

und Rosen im Wappen führend:

die "weiße Rose" für das Haus York,

die "rote Rose" für das Haus Lancaster.

 

Advantage Haus York

 

Bei St. Albans am 22. Mai 1455 die erste Schlacht schlagend,

die die Lancasters die Krone kostete,

die dann Edward IV. aus dem Hause York

1461-1470 und 1471-1483 verteidigen konnte,

nur unterbrochen

von einem Intermezzo der Herrschaft der Lancasters 1470-1471,

die in der Schlacht von Tewkesbury 1471

ihren letzten männlichen Thronanwärter verloren.

 

Advantage Haus Lancaster

 

Und doch überlebte mit Henry Tudor,

ein über seine Mutter

mit den Lancaster-Königen weit entfernter Verwandter,

besiegte am 22. August 1485 in der Schlacht von Bosworth Richard III.,

der als letzter männlicher Vertreter der Yorks fiel.

Erloschen waren damit die Häuser York und Lancaster,

die über 32 Jahre hinweg,

wie tolle Hunde ineinander verbissen,

sich bis zum letzten Mann gegenseitig umgebracht hatten,

aber auch große Teile des englischen Adels mit in den Tod rissen,

ausgestorben die Ritter der "weißen Rose" und die der "roten Rose".

Henry VII. Tudor den Thron besteigend,

heiratend Elizabeth von York,

und so die Reste beider verfeindeter Familien

in der Tudor-Dynastie vereinigend,

letztendich so

dem Hause Lancaster den Sieg bringend.

 

Epilog: Sieger im Informationskrieg Haus York

 

Richard III. von York, letzter König seiner Dynastie,

bestgehasster Monarch der englischen Geschichte,

von Shakespeare in seinem Drama

als bösartiges, kleinwüchsiges, buckliges Scheusal charakterisiert:

"Ich, um dies schöne Ebenmaß verkürzt,

von der Natur um Bildung falsch betrogen,

Entstellt, verwahrlost...und zwar so lahm und ungeziemend,

dass Hunde bellen, hinke ich wo vorbei.",

ebendieser Richard,

gefallen in der Schlacht auf Bosworth Field 1485 nahe Leicester,

vom Sieger Henry Tudor in einem namenlosen Grab verscharrt,

welches im September 2012 von einer Wahrsagerin

unter dem Parkplatz der Stadt entdeckt wurde,

einen weltweiten Medienrummel auslösend,

nachdem der DNA-Beweis die Identität Richards bestätigte,

dann am 26. März 2015 im Beisein von 20.000 Trauergästen

in der Kathedrale von Leicester feierlich beigesetzt,

überschwemmt von einem Meer weißer Rosen,

530 Jahre nach seinem Tod und dem Untergang des Hauses York.

 

(Hamburg, Kleiner Park an der Cranachstr., 15./16.6.2022)

 

 

Dezember 2022

 

Hans Krech

 

Alan the Red - Der reichste Brite aller Zeiten

 

Herzog Wilhelm II. von der Normandie

hatte die Invasion Englands langfristig vorbereitet,

um den Reichtum des Inselkönigreiches

unter seine Gewalt zu bringen,

die Städte, Häfen, Schiffe, Wälder, Weiden und Steuereinnahmen,

auch seine Verbündeten in der Schlacht von Hastings

marschierten nicht aus Hass auf den angelsächsischen König Harold

an seiner Seite mit,

sondern aus Geldgier.

 

Das bretonische Kintingent bei Hastings am 14. Oktober 1066

am linken Flügel der normannischen Kerntruppen kämpfend,

wurde von Graf Alan the Red angeführt,

einem Großcousin von Herzog Wilhelm und ihm treu ergeben,

damit zu den Siegern gehörend

und bei der Aufteilung der Beute belohnt,

mit Landbesitz in Cambridgeshire,

dann bei den folgenden Aufständen angelsächsischer Adliger

und Revolten normannischer Ritter

immer sofort auf der Seite Wilhelms

und später auch von dessen Sohn und Nachfolger

König Wilhelm II. Rufus fechtend,

dadurch immer besonders mit Land und Gütern geehrt

als der treueste aller Ritter der Normannenkönige.

Mit jedem Aufstand und jedem Krieg reicher werdend,

oft die Besitzungen der Rebellen übereignet bekommend,

1086 schon 440 Güter in elf Grafschaften sein Eigen nennend,

seinen Reichtum mit dem Bau von Richmond Castle präsentierend,

und mit Gunhild lebend,

einer schönen Tochter des bei Hastings erschlagenen Harold.

 

Ein märchenhafter Aufstieg des Grafen aus der Bretagne,

er wurde der eigentliche Superstar der Normannen im Königreich England,

der Oligarch seiner Zeit,

der größte Kriegsgewinnler,

der jeden Übergewinn aus den vielen Feldzügen für sich einzog,

aus seinen Gütern jährliche Einnahmen von 1.100 Pfund erzielend

und bei seinem Tod im August 1093

in seinen Schatztruhen 11.000 Pfund verwahrend,

das waren umgerechnet im Jahr 2007

ungeheure 81 Milliarden Pfund oder 103 Milliarden Euro.

Damit war Alan the Red nicht nur der erste Milliardär in der britischen Geschichte,

sondern der reichste Brite aller Zeiten

und auf der Liste der wohlhabendsten Persönlichkeiten der Welthistorie

erreichte er im Jahre 2008 Rang neun.

 

Die Eroberung Englands durch die Normannen

war also für die etwa 5.000 Sieger,

die die Herrschaft über das Inselkönigreich übernahmen

und den neuen Adel stellten,

auch eines der besten Geschäfte aller Zeiten,

für sie lohnte sich der Eroberungskrieg,

Hastings machte sie alle steinreich.

 

(Hamburg, Kleiner Park an der Cranachstr., 19.6.2022, Nachmittag)

 

 

November 2022

 

Hans Krech

 

Warum fällt der Apfel nach unten?

Oder der beginnende Aufstieg Großbritanniens zur "Werkstatt der Welt"

 

Mittagszeit im Bauerngarten von Woolthorpe Manor,

eine leichte Sommerbrise spielt in dem Laub der Obstbäume,

krault die grünen Blätter,

graue Schatten wandern über den auf der Wiese liegenden

dreiundzwanzigjährigen Physikstudenten hin,

der vor der Pestepidemie 1665 aus Cambridge

in sein Heimatdorf flüchtete,

sinnend über den brutalen Kontrast

dieses idyllischen Sommertages

zum meuchelnden schwarzen Sensenmann ringsum auf der Insel.

Ein Tag, an dem Zehntausende erkranken.

Ein Tag, an dem Tausende sterben.

 

Plötzlich löst sich eine Frucht aus einem der Zweige,

fällt herunter,

direkt auf den Kopf des jungen Wissenschaftlers,

platzt dabei etwas auf.

Der greift nach dem überreifen "Flower of Kent"-Apfel

und nachdenklich

in das unverhoffte köstliche Geschenk des Gartens hineinbeißend

murmelt er:

"Warum müssen Äpfel immer senkrecht zu Boden fallen,

warum nicht seitwärts oder aufwärts,

warum immer Richtung Erdmittelpunkt?

Sicher ist der Grund dafür,

dass die Erde den Apfel anzieht."

 

So erzählte es Isaac Newton als alter Mann

1726 seinem Biografen William Stukeley,

es war der Anlass zu seinen Forschungen zur Gravitation,

zur weiterführenden Frage,

ob diese Naturgesetze nicht nur auf der Erde gelten,

sondern auch für den Himmel, für den Mond?

Warum begleitete er die Erde,

warum flog er nicht hinaus ins Weltall?

 

Nicht beliebt bei Studenten und Professorenschaft

am Trinity College in Cambridge

und doch alle mit seinen Forschungen weit überragend,

mit 26 Jahren Inhaber des Lehrstuhls für Mathematik,

aufstoßend mutig und kühn

die Himmelspforten in neue Dimensionen der Naturwissenschaften.

 

Die "Philosophiae Naturalis Principia Mathematica"

1681 veröffentlichend,

darin seine Forschungen zur Gravitation zusammenfassend,

wütend und boshaft auf die Kritik

konkurrierender Wissenschaftler reagierend,

mit dem Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz

einen regelrechten Krieg ausfechtend.

 

Aber hochgeehrt und wohlhabend,

von der Krone sogar zum Ritter geschlagen,

nach seinem Tode 1727

in Westminster Abbey beigesetzt.

 

Die Wissenschaft als wichtigste Produktivkraft des Empire

auf dem Weg zur Industriellen Revolution

hat Sir Isaac Newton strategisch vorangetrieben.

Er war der Türöffner zum Aufstieg Großbritanniens

zur "Werkstatt der Welt",

zur globalen Technologieführerschaft.

 

(geschrieben 6.6.2022 im kleinen Park an der Cranachstr. in Hamburg)

 

Oktober 2022

 

Hans Krech

 

Stability - Queen Elizabeth II. (6. Februar 1952 - 8. September 2022)

 

Die Transformation vom British Empire zum Commonwealth of Nations

begleitet Queen Elizabeth II. aus dem House Windsor seit siebzig Jahren,

am 6. Februar 2022 ihr Platinum Jubilee

mit Millionen Briten feiernd,

als die am längsten regierende britische Königin

in der gesamten Historie des Insel-Königreiches.

 

Unendlich sympathisch, freundlich, auch stolz,

die politische Würde des Landes vorlebend,

unnahbar und doch in den Herzen der Mehrzahl der Briten

genau das repräsentierend,

was die eigenen Staatsbürger und die Welt

für britisch halten.

 

Ihre Krönung in Westminster Abbey am 2. Juni 1953

wurde weltweit im Fernsehen live übertragen.

Gerade war sie fünfundzwanzig Jahre alt geworden,

damit im selben Lebensalter die Königinnenwürde übernehmend,

wie Elizabeth I. Tudor,

die dann England aus der Bedeutungslosigkeit errettete

und den Grundstein für den Aufstieg zum Empire legte.

 

Elizabeth war dagegen der Garant der Stabilität

nach dem Sieg im Zweiten Weltkrieg,

als das British Empire dennoch unterging,

der Status einer Supermacht endgültig Geschichte wurde,

das Kolonialreich blutig seine Ketten aufsprengte,

um dann teilweise als Mitglied des Commonwealth

doch noch mit der einstigen Kolonialmacht verbunden zu bleiben.

Königin Elizabeth als ihr Staatsoberhaupt anerkennend,

als das Bindeglied des Gestern mit dem Morgen,

als der Anker der britischen politischen und wirtschaftlichen Interessen

in der früheren weltweiten Einflusszone,

besonders lebenserhaltend nach dem Brexit,

dem suizidalen Austritt aus der Europäischen Union.

 

Elizabeth II. als konstitutionelle Monarchin ihrem Mutterland dienend

und ein zweites Elizabethianisches Zeitalter begründend,

ist die politische Stabilisatorin Großbritanniens und

gehört zu den bedeutendsten und erfolgreichsten englischen Königinnen,

auch,

wenn nicht einmal ihre persönlichen politischen Auffassungen bekannt sind.

Aber mehr noch als alle ihre Vorgängerinnen

ist Elizabeth England.

 

(Hamburg, Cranachstr., Nachmittag, 11.7.2022)   

 

 

 

September 2022

 

Hans Krech

 

Globale Volkslieder - The Beatles (1960-1970)

 

Aus einer Liverpooler Schülerband erwachsen,

in zwei Jahre langen fast täglichen Auftritten

im Stripclub "Indra" und im "Star-Club"

an der Reeperbahn auf St. Pauli in Hamburg

professionalisiert,

dann am 5. Oktober 1962 mit "Love Me Do"

die erste offizielle Single veröffentlichend,

folgend 1963 der Durchbruch an die Spitze der britischen Hitparade

und dann der Charts weltweit,

bisher mehr als eine Milliarde verkaufter Tonträger erzielend,

global die meisten Nummer-eins-Singles und Alben,

den Liverpooler Beat mit Rock´n Roll zu wunderbaren Balladen verbindend,

einfühlsame Verse aus den Herzen der Jugend

einer zusammenwachsenden Welt in den 1960er Jahren,

tief geprägt vom täglich drohenden Atomkrieg der Sowjetunion

gegen die freien Demokratien des Westens, vom endlosen Vietnamkrieg,

die Ängste, die Panik, die Verzweiflung der Jugendlichen

einmündend in eine "Beatlemania",

eine Massenhysterie junger Mädchen und Frauen,

die bei den Live-Auftritten von John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr, so laut kreischten, dass die Musik kaum noch zu hören war,

schreiend nach Hoffnung, schreiend nach Denjenigen, die die einfachen Antworten zum Mitsingen gaben, Antworten in einer Weltsprache, gemeinsam singend in allen Ländern, Balladen, die zu den ersten globalen Volksliedern des 20. Jahrhunderts wurden:

"A Hard Day´s Night",

"Lucy in the Sky with Diamonds",

"With a Little Help from my Friends",

"When I´m Sixty-Four" und

"Yesterday".

Auf dem Cover des letzten gemeinsamen Albums "Abbey Road" im Jahr 1969 überqueren die Beatles auf einem Zebrastreifen die Londoner Straße, so immer die musikalische Vorfahrt habend auf unserem Planeten im Informationszeitalter,

sich einreihend in die Klassiker der Musikgeschichte,

neben Bach und Händel.

 

(Hamburg, Kleiner Park an der Cranachstr., 3.7.2022)

 

August 2022

 

Hans Krech

 

"Paint it Black" - Rolling Stones (1962 - ?)

 Für Mick Jagger, Ron Wood, Keith Richards und Charlie Watts (gest. 2021)

 

2022 ihr sechzigjähriges Bestehen feiernd,

sind die Rolling Stones längst Teil der globalen Alltagskultur geworden,

die ihre Fans auf den Welttourneen

mit harten Gitarrenrhythmen vorwärts treiben,

mitreißen, aufrütteln, unentrinnbar,

R & B mit dem Pop zu hämmernden Botschaften zusammenschmiedend,

alle Skandale der frühen Jahre als Band überlebend,

Alkohol, Drogen, Streit,

immer weitermachend,

die Könige der Live-Auftritte,

am 18. Februar 2006 am Strand von Copacabana in Rio de Janeiro

vor 1,2 Millionen Zuschauern spielend,

in der Wagner-Tradition stehend,

die musikalischen Dramatiker der Gegenwart,

ihren Fans nie "Satisfaction" gewährend,

sondern eine lebenslange Sucht auslösend,

die im Gitarrensolo von "Paint it Black" kulminiert,

immer wieder, immer wieder.

 

(Hamburg, 3.7.2022)

 

Juli 2022

 

Hans Krech

 

Letzte Stellung bei Gandamak - Gedanken zu zwei berühmten englischen Gemälden zum Ersten Afghanisch-Britischen Krieg (1839-1842)

 

William Barnes Wollen: The last stand of the survivors of Her Majesty´s 44th Foot at Gandamak, gemalt 1898 im Auftrag der Essex Regiment Association, Leihgabe National Army Museum Chelsea/London

 

Elizabeth Thompson Butler: Remnants of an army, Jellalabad, January 13, 1842, gemalt 1879, Tate Gallery London.

 

Die verbliebenen 65 Soldaten des 44. Regiments

sind auf einem Hügel bei dem Dorf Gandamak unweit des Khyber-Passes

auf dem Rückzug von Kabul nach Jallalabad

am 13. Januar 1842 von aufständischen Ghilzai-Paschtunen eingekesselt worden,

mitten im eisigen afghanischen Winter,

tapfer und verzweifelt den aussichtslosen Kampf

mit nur zwanzig Gewehren und vierzig Patronen bestreitend,

verlierend den Ersten Afghanisch-Britischen Krieg

im Kampf um die Vorherrschaft in Zentralasien

im Great Game gegen das Russische Zarenreich,

grob unterschätzend

den unbeugsamen historischen Freiheitswillen der paschtunischen Stämme,

an die schon Alexanders Heer seinen Siegeswillen verlor

auf dem Friedhof der Großmächte.

Von 16.500 britischen und indischen Soldaten

nur der Regimentsarzt Dr. William Brydon verwundet Jallalabad erreichend,

eine Lehrstunde der Geschichte für die Ewigkeit.

 

(Hamburg, Kleiner Park an der Cranachstr., Sonntagnachmittag, 26.6.2022)

 

 

Juni 2022

 

Hans Krech

 

Three Lions

 

Drei Löwen als Wappen auf dem Schild Richards

beim Kreuzzug im Heiligen Land,

wo er als König englischen Heldenstatus

mit seiner Tapferkeit in den Schlachten um Akkon erwarb,

gequält von seinen Dämonen

unzügelbarer Jähzorn und mangelnde politische Befähigung.

 

Dreitausend muslimische Gefangene

in einem Wutanfall in Akkon hinrichten lassend,

weil er mit seinem Verhandlungsgeschick daran scheiterte,

von Sultan Saladin

das 1187 bei Hattin von den Kreuzfahrern verlorene Wahre Kreuz

zurückzuerlangen.

 

Zehn Jahre König von England,

davon nur sechs Monate in der Heimat,

von Gefecht zu Gefecht ziehend,

scheiternd bei der Rückeroberung Jerusalems,

und dann nach seiner Geiselhaft

auf schicksalsschwerem Boden in Frankreich

bis zum letzten Atemzug

kämpfend um sein normannisches Erbe,

mehr Ritter als Staatsmann,

aber so stark, so übermächtig tollkühn,

nie aufgebend,

und bei der Belagerung von Cabrol fallend.

 

Three Lions seit 1198 auch das Staatswappen Englands,

drei goldene Löwen auf rotem Grund,

den Betrachter unverwandt anschauend,

kündend,

umwoben von mittelalterlichen Legenden,

bis in die Gegenwart hinein

die Geschichte vom kriegerischsten aller englischen Könige:

Richard Löwenherz.

 

(Hamburg, 30.5.2022)

 

Mai 2022

 

Hans Krech

 

Wo alles begann

 

Es war in Winchester,

es war ein Freitag,

es regnete wie verrückt

und ich streunte ziellos

durch die Stadt,

die die erste Hauptstadt

Englands gewesen war.

 

Vor einer Kirche in einer

menschenleeren Nebenstraße

stand ein einsamer Dudelsack

spielender Schotte im Tartan-Kilt.

Wehklagende herzzerreißende Melodien

aus dem Borderland

jahrhundertealt,

fingen mich ein.

 

Da öffnete sich das Kirchenportal

und ein frisch vermähltes Brautpaar

trat heraus

und der Regen wusch ihnen die lachenden Gesichter,

der Dudelsack jubilierte laut auf,

und ich stand still und staunte reglos.

Und es regnete.

Wo England begann. Wo alles begann.

In Winchester.

 

(Winchester, 24.7.2015, Hamburg, 7.4.2018)

 

 

April 2022

 

Hans Krech

 

Das große Tor von Kiew

 

Modest Mussorgski 1874 zu einem Bild von Viktor Hartmann in seinem Zyklus "Bilder einer Ausstellung", 10. Satz

 

Aufgestoßen das große Tor von Kiew

durch das standhafte ukrainische Volk

in Richtung Westen,

nach Europa,

hinaus aus dem sowjetischen Gulag

in die Freiheit.

 

(geschrieben am 14. Kriegstag, 9.3.2022)

 

März 2022

 

Hans Krech

 

Churchill War Rooms

 

Tief unter dem Schatzministerium

verborgen vor den deutschen Agenten und Bombern

lebte und arbeitete Premierminister Winston Churchill

Tag und Nacht mit seinem Kabinett

für die Rettung des Inselkönigreiches,

organisierend die militärische Verteidigung des Empire im Cabinet War Rooms,

mitplanend die Operationen der Alliierten im Zweiten Weltkrieg im Map Room,

die englische Bevölkerung über das in den Bunker integrierte BBC-Studio

immer rasch erreichend.

 

Als der beste Premierminister in der gesamten englischen Geschichte

in sich tragend sämtliche britische Tugenden:

ein erfahrener tapferer Offizier und Marineexperte,

ein in Jahrzehnten herangereifter Politiker und Demokrat,

Ministerposten bei den Liberalen und Konservativen bekleidend,

ein Erfinder wehrtechnischer Patente,

ein Schriftsteller von Weltrang, der 1953 mit dem Literatur-Nobelpreis geehrt wurde,

ein angesehener Historiker und Publizist,

ein talentierter Maler,

ein politischer Magier bei der Stärkung des Widerstandswillens der Bevölkerung,

universell gebildet und immer lernend,

global denkend,

auch in der schlimmsten Krise führend,

niemals aufgebend,

die Magie Merlins und den Widerstandswillen Alfreds,

die Kriegslist Wilhelms und die strategische Führungskraft Admiral Nelsons

in sich vereinend,

das Victory-Zeichen der gespreizten Finger seiner Hand

als Symbol seines Lebens hochstreckend.

 

(geschrieben 1. Januar 2022, Neujahr, Hamburg) 

 

 

Februar 2022

 

Hans Krech

 

Let´s go back to the Stars

(Coldplay Live in Sao Paulo, 2018)

 

Aus Sternenstaub geboren,

aus der Eiseskälte in der Tiefe unseres Sonnensystems,

kreisend in der Milchstraße,

genauso wie einhundert Milliarden

weiterer Universen im unendlichen All,

nie allein,

immer beobachtet.

 

Träumend die Menschheit seit zehntausenden von Jahren

von der Reise zum Mond, zu Mars und Venus

und dann weit hinaus

in den Kosmos ohne Anfang und Ende,

nicht erfassbar durch den menschlichen Verstand,

weil sterblich, weil endlich, weil vergänglich.

 

Und doch aus Sternenstaub geboren.

Let´s go back to the Stars.

 

(Hamburg, 31.12.2021)

 

 

Januar 2022

 

Hans Krech

 

Das normannische Erbe

 

Britische Perlen im Golf von Saint-Malo,

flankierend die Halbinsel Cotentin,

vierzehn Inseln in Sichtweite der französischen Küste,

der letzte Rest des normannischen Erbes,

welches Wilhelm der Eroberer nach der Schlacht von Hastings

in die Zwangsehe mit dem unterworfenen England einbrachte,

die das Inselkönigreich mit der Normandie vereinigte

und so erstmals in seiner Geschichte

zur kontinentalen Macht erhob.

 

Erbittert umkämpft im Hundertjährigen Krieg mit Frankreich

ging die Normandie verloren,

verbleibend nur die Kanalinseln

Alderney, Guernsey, Sark und Jersey

als Teil des Empire,

heute mit einem Autonomiestatus versehen,

unter direkter Verwaltung der Krone stehend.

 

Und nach dem Brexit

den alten Streit um die Fischereirechte befeuernd

gegen wütende französische Fischer,

von britischen Patrouillenbooten behütet

gegen die politischen Drohungen der EU aus Brüssel.

 

(Hamburg, 30.12.2021)

 

Dezember 2021

 

Hans Krech

 

Meine Stadt

 

Elbwasser fließt in meinen Adern,

Ebbe und Flut sind mein Herzschlag,

der Jenisch-Park ist meine Lunge,

der Elbuferweg meine Jogging-Trainingsstrecke,

die Führungsakademie der Bundeswehr meine Bibliothek.

Mit den Augen des Michel schaue ich auf Stadt und Hafen,

alltäglich umarmend,

mein Hamburg.

 

(Cranachstr. 75, 20.11.2021)

 

 

November 2021

 

Hans Krech

 

Eine Hymne für den Weltenversteher im Bloody Tower

 

So unendlich weit sind die nassen Routen der englischen Flotte geworden,

die neuen Römerstraßen Britanniens, die den Erdball erschließen.

Sir Walter Raleigh hat sie bereist:

nach Frankreich,

wo er den Kampf seiner hugenottischen Glaubensbrüder unterstützt,

nach Westindien, nach Irland und Nordamerika,

wo er 1585 die erste englische Kolonie gründet,

nach Mittelamerika auf der Suche nach dem Goldtraum El Dorado

und nach Spanien, wo er gegen den Erzfeind kämpft.

In seiner "History of the World"

hat er die Geschichte dieser neuen Welt aufgeschrieben,

des Zeitalters der großen Entdeckungen,

das waghalsige Abenteurer in Massen hervorbrachte

und herausragende Universalgelehrte,

die lange zu ihm aufschauten.

 

Als Günstling und Liebhaber der Königin Elisabeth I. Tudor,

der Tochter Heinrichs VIII. mit der glücklosen Anne Boleyn,

steigt er auf zum goldenen Stern am Hofe,

umschmeichelt und verehrt:

als Vizeadmiral, Kommandeur der königlichen Leibgarde,

Parlamentsabgeordneter von Dorset,

Gouverneur der Isle Jersey,

Dichter, Historiker und wagemutiger Entdecker.

 

Als er die Liebe der Königin 1592

durch seine heimliche Heirat mit Lady Elizabeth Throckmorton verliert,

schickt ihn die wütende Monarchin für einige Monate in den Tower

und verbannt ihn anschließend aus London,

um ihm dann doch noch die Rückkehr in ihre Gunst zu erlauben,

nicht jedoch in ihr Herz.

 

Als sie 1603 stirbt,

beginnt sein dramatischer Abstieg.

König Jakob I. Stuart, der Sohn der hingerichteten Maria Stuart,

der großen Rivalin von Elisabeth,

traut Raleigh nicht.

Er lässt ihn für 13 Jahre

ohne Urteil im Bloody Tower wegsperren,

der dazu extra um eine Etage aufgestockt wird.

 

1616 freigelassen,

sucht Raleigh vergeblich in Guayana nach Gold,

El Dorado kann er wieder nicht finden,

kehrt erschöpft zurück,

wird unter einem Vorwand verhaftet

und am 29. Oktober 1618 auf dem Tower Hill geköpft.

Seine letzten Worte im Beisein des Scharfrichters sind:

"Wenn das Herz am rechten Fleck ist,

spielt es keine Rolle, wo der Kopf ist."

 

Sein Haupt ist im Pantheon der britischen Geschichte aufgebahrt

bis ans Ende des Königreichs,

erinnernd an Sir Walter Raleigh,

der allwissend und ein Leben lang lernend,

meerverliebt und tatkräftig ein neues Zeitalter anstoßend,

einer hinterhältigen politischen Intrige

seiner Neider zum Opfer fiel.

 

(Hamburg, 8.8.2021)

 

 

Oktober 2021

 

Hans Krech

 

"Our terrible weather"

 

"A catalogue of attacks, many from France but also from as far away as America during the War of Independance, shows that the Channel acted as a ´highway`for invaders and that our terrible weather turned them back on many occasions..."

Source: Our proud island story as a target for invaders, in: The Times, Tuesday July 30, 2013, p. 15.

 

Ständig regnet es im kühlen England,

nieselnd regiert der graue Himmel das Reich seit Anbeginn mit,

sitzt auf dem Thron neben dem König,

macht sich über das Parlament lustig,

weint Lachtränen tagein und tagaus.

"Our terrible weather" gehört zu jeder englischen Familie,

wartet vor jedem Pub,

duscht Fans und Fußballer bei den allwöchentlichen Spielen

der Premier-League routinemäßig ab,

ist verheiratet mit der Irischen See,

den Wellen des Ärmelkanals,

den schwarzblauen Wogen der Nordsee.

 

Als König Harald in der Schlacht bei Hastings am 14. Oktober 1066

einen normannischen Pfeil ins Auge bekam,

stürzte er.

Mit ihm verlor die angelsächsische Oberschicht Englands ihre Macht.

Die Normannen übernahmen das Königreich.

Doch die Festung England, die stolze Insel im Norden Europas,

erlebte danach noch 73 weitere Invasionen

von Franzosen, Spaniern, Amerikanern, Holländern, Schotten und Deutschen.

Oft wurden die Eindringlinge

nicht durch die Stärke der britischen Armee vertrieben,

sondern durch den

verlässlichsten, ausdauerndsten und furchtlosesten englischen Feldherrn,

"Our terrible weather".

 

(geschrieben am Samstag, 17.7.2021 im "Waldhotel" in Halle/S.)

 

 

September 2021

 

Hans Krech

 

White Tower

 

Auf einem Hügel an der Themse

am Ostrand Londiniums 

wächst ein Wehrturm empor, 

geschützt durch den Fluss

und die römischen Stadtmauern,

gebaut aus weißem Kent´er Kalkstein,

gerade, stark, fest, massig, hoch, undurchdringlich,

grimmig drohend auf 

die aufmüpfigen Bürger herunterschauend,

der Wächter des Sieges der Normannen.

 

(Der White Tower war die erste aus massivem Stein gebaute Festung in London und wurde 1077/78 auf Befehl Wilhelms des Eroberers errichtet. Die Mauern der Burg waren bis zu 4,6 m stark. Der White Tower war Vorbild für zahlreiche normannische Burgen in ganz England.

Geschrieben am 2.8.2021)

 

 

August 2021

 

Hans Krech

 

Merlins letzter Zauber - Anno 407, als die Legionen Roms Britannia verließen

Ein Triptychon

 

I. Die Ritter der Tafelrunde

 

All seine Kraft legte Merlin in seinen Zauber,

die Magie der Druiden,

die aus dem endlos langen dunklen Gestern in die Zukunft zu schauen vermögen,

die trutzigen Jahrtausendealten Megalithen aus Basalt und Sandstein

des von ihm erbauten Stonehenge,

die hohen Kalkstein-Zinnen der Burg Tintagel,

das Licht des Mondes und der Sterne.

 

Und er schuf Arthus,

den tugendhaftesten König der Kelten im Süden Britanniens,

einen gütigen und gerechten Herrscher,

einen erfolgreichen Feldherrn

zur Abwehr der vordringenden Sachsen.

 

Und um Arthus sammelten sich in der Festung auf der kleinen Halbinsel

mit dem schmalen Zugang an der Keltischen See

die größten Helden Cornwalls,

die zwölf besten und stärksten Ritter:

Lancelot, Gawain, Parzival, Tristan, Galahad, Kay,

Geraint, Lamorak, Bors, Bedivere, Gareth und Gaheris.

Im nahen Schloss Camelot berieten sie mit Arthus

am Round Table über die Verteidigung des Königreichs.

 

II. Auf der Suche nach dem Heiligen Gral

 

Und als die Kraft der Magie Merlins nachzulassen begann,

wurden aus den legendären Helden wieder Menschen,

die hassten und liebten und stritten

und tranken und neideten und Verrat begingen.

König Arthus zeugte mit der hinterlistigen Hexe Morgan LeFay

seinen unehelichen Sohn Mordred.

Die Schönheit und der Liebeszaubertrank der irischen Prinzessin Isolde

brachten Tristan den Tod in der Fremde.

Königin Guinevere betrog Arthus mit Lancelot.

 

Und die Ritter machten sich auf zur Suche nach dem Heiligen Gral,

um die Tugendhaftigkeit von Camelot wiederzufinden.

Sie reisten in die entferntesten Gegenden,

bestanden die gefährlichsten Abenteuer

und wurden schwach und krank und alt.

Den Heiligen Gral fanden sie nie.

Ihre Plätze am Round Table blieben leer.

 

III. Excalibur

 

Von Merlin aus Sterneneisen geschmiedet

und in einen harten Fels gestoßen,

wartete das Schwert Excalibur

auf den letzten großen keltischen König von Cornwall.

"Wer dieses Schwert aus dem Stein zu ziehen vermag,

ist der rechtmäßige König Britanniens.",

hatte der Zauberer in die Klinge eingraviert.

Viele Ritter und Maulhelden versuchten sich an dieser Aufgabe vergeblich.

Allein Arthus zog die heilige Waffe heraus

und wurde mit Merlins Hilfe Herrscher in Tintagel und Camelot.

Unverwundbar machte ihn Excalibur und siegreich,

bis ihm seine böse Halbschwester Morgan LeFay

die Scheide des Schwertes stehlen konnte.

 

Excalibur führte Arthus auch in seiner letzten Schlacht,

die er gegen Mordred verlor.

Sterbend trugen ihn seine wenigen überlebenden Ritter zum See des Schicksals.

Sir Bedivere schleuderte das Schwert weit hinaus in die Wellen,

wo es in den grünlichen Untiefen auf immer versank.

Der Nebel der Insel Avalon

entrückte Arthur und Merlin und Tintagel.

 

Angeln, Sachsen und Jüten eroberten und besiedelten

den Süden, Osten und Teile des Westens Britanniens,

verschmolzen zu den Angelsachsen

mit den Königreichen Northhumbria, Mercia und Wessex,

aus denen England erwuchs.

Aus den Kelten wurden die Welsh,

Ausländer im eigenen Land,

die als Einwohner von Wales

wieder in die neue aufsteigende Nation integriert wurden.

 

Und Merlin legte erschöpft seinen Zauberstab nieder,

ausgelaugt von seinem gewaltigsten magischen Werk,

seinem letzten Zauber.

 

(geschrieben am Vormittag des 3. Juli 2021, Cranachstr.)

 

 

Juli 2021

 

Hans Krech

 

Der Park ruft

 

"Frühling in Hamburg - der trübste in ganz Deutschland.

Zu kühl und viel zu nass: Nirgendwo fiel so viel Regen wie in der Hansestadt. Meteorologen zählen im Mai nur 140 statt 213 Sonnenstunden"

Hamburger Abendblatt, Dienstag, 1. Juni 2021, S. 9.

 

Einzweimal war ich in diesem endlos langen Corona-Winter

in dem kleinen Park auf der anderen Straßenseite,

immer regnete es, immer war es kalt.

Selbst die mächtigen Baumriesen

schlugen in diesem Frühjahr verspätet aus.

 

Nun plötzlich ist der Sommer da,

lockt mit einundzwanzig Grad Celsius,

hat sich schick gemacht mit hellblauem Himmel

und knallweißer Sonne,

wirft einen magischen Laser-Beam

auf unsere verlorene Covid 19-Leidenszeit.

 

Der Park ruft,

er lockt schmeichelnd mit dem grünsten Grün

seit unserer Bekanntschaft vor zwanzig Jahren,

er singt seine Sommerhits,

dargeboten von der in schwarzen Fracks auftretenden Amsel-Band.

An den Drums sitzen vorbeifahrende rumpelnde Laster.

Er wirbt mit einer frisch gemähten Wiese,

geharkten Wegen,

täglich geleerten Abfallkörben,

sauberen Bänken.

 

Glücklich sitze ich am Nachmittag endlich wieder auf meiner Bank,

auf dem Schoß einen Collegeblock,

in der Hand einen Kugelschreiber.

 

Und die Poesie der grünen Großstadtinsel fließt in mich hinein,

wandert spürbar in meinem Herzen herum

und wird als ein Gedicht wiedergeboren.

Es ist der Eintrittspreis des Parks für eine Sommerdauerkarte.

 

(Montag, 31. Mai 2021, Nachmittag im kleinen Park an der Cranachstr.) 

 

 

Juni 2021

 

Hans Krech

 

Der Blick aus dem Fenster

 

Grauschwarz ist die Grundierung des Himmels,

darunter Millionen junger unerfahrener maigrüner Blätter

der Bäume und Büsche um die Raseninseln herum,

benetzt mit den Wassertropfen des Morgenregens,

in denen sich die seltenen Sonnenstrahlen spiegeln,

im Diamantenkollier unseres Gartens.

 

Längst sind die Frühlingsblüten verwelkt abgefallen,

nur noch sichtbar als blasse kleine bunte Flecken am Boden.

Die Blätter tasten sich in ihr beginnendes Sommerleben vor,

kosten den Hamburger Regen,

frieren in frostigen Nächten,

staunen dem nimmermüden Rasenmähroboter des Nachbarn hinterher,

umarmen sich heftig zuwachsend zu einem Dschungel.

 

Fern rollt das Paukendonnern eines vorbeiziehenden Gewitters über die Elbe.

Noch ist es kalt und regnerisch,

doch die schwarzen Amseln in den Wipfeln der Bäume

jubilieren schon Bach´sche Oratorien

in Erwartung des nahenden goldenen Sommers.

 

(geschrieben am Samstag, 15.5.2021, Nachmittag, Cranachstr.)

 

 

Mai 2021

 

Hans Krech

 

Meer - Liebe

 

Die Farbe der Liebe ist Türkis

mit Schattierungen in Hellblau

und Dunkelgrün,

windbewegt, sonnengeküsst,

gesichert durch zwei Patrolboats

der Royal Navy in Sichtweite des Strandes.

 

Meine meergeborenen Wünsche

wandern auf unendlichen Wellenautobahnen

in Richtung Atlantik.

 

(Bournmouth, Ärmelkanal, Boscombe Pier, 21 July 2015)

 

April 2021

 

Hans Krech

 

Lockdown in Hamburg

 

"Zurück auf Los. Mit den Lockerungen hat die Politik einen Geist aus der Flasche befreit, den sie kaum kontrollieren kann. Eindrücke aus einem Land zwischen Chaos und Rebellion."

Der Spiegel, Nr. 12/2021, 20.3.2021, S. 16.

 

Der bleierne Corona-Winter

krallt sich im aufsteigenden kalten Frühling fest,

verbeißt sich in seinen grünen Waden,

sein giftiger Atem wabert durch die vereinsamten Straßen,

lauert auf den Parkbänken,

in den Bussen und S-Bahnen,

jubiliert im trockenen Husten der Verseuchten auf den Intensivstationen,

macht es sich gemütlich in den Lungen der Bürger,

in den großen Augen der nicht verliebten schönen Mädchen.

 

"Zieht die Notbremse! Wer die dramatisch steigenden Infektionszahlen ignoriert, riskiert Zehntausende Tote"

Der Spiegel, Nr. 12/2021, 20.3.2021, S. 6.

 

Stöhnend schleppt sich die gelähmte hanseatische Wirtschaft

durch die Pandemie-Kriegstage,

zäh kämpfend Schritt für Schritt,

Kran für Kran im weinenden Hafen,

Kai für Kai,

Bank für Bank,

Geschäft für Geschäft,

Hotel für Hotel,

im Würgegriff des Virus röchelnde Musicals und Theater,

die Vergnügungsmeile auf St. Pauli nüchtern (wie erschütternd)

und tonlos,

der Frühlingsdom abgesagt,

HSV und FC St. Pauli spielend in leeren Stadien.

Die nächtliche Ausgangssperre und strenge Kontaktbeschränkungen

haben uns Hamburgern eiserne Ketten an die Beine gelegt.

 

"Ausgangssperre in Hamburg. Um die dritte Corona-Welle zu brechen, sollen die Bürger von 21 bis 5 Uhr zu Hause bleiben. Kitas schließen. Testpflicht für Schüler und Maskenpflicht am Arbeitsplatz kommen."

Hamburger Abendblatt, Gründonnerstag/Karfreitag, 1./2.4.2021, S. 1.

 

Ich liege im Schützengraben meiner kleinen Wohnung,

die ich nur bewehrt mit Maske und Schutzhandschuhen verlasse,

im Corona-Mikrokosmos-Kreislauf zwischen Bäcker, Aldi und Post,

organisiert in einer beweglichen Verteidigung,

so wie ich es bei der Bundeswehr im Taktiklehrgang gelernt habe,

hart arbeitend im Homeoffice, in schlaflosen Nächten wachend

und auf den Impftermin wartend:

Arabisch-Online-Studium an der Uni,

Aufsatz für Aufsatz schreibend für Fachzeitschriften,

Online-Konferenzen und Webinare besuchend in der halben Welt und lernend,

konzentriert die Habil-Schrift vollendend,

den ersten Roman an den Verlag schickend,

Gedichte an Literaturzeitschriften aussendend,

sich um literarische Preise bewerbend,

dies alles im Rhythmus des alltäglichen Trainings

auf dem unerbittlichen Ergometer (da geht es nur bergan)

und mit den angebeteten heiligen Hanteln,

vorwärts marschierend, stark, gut trainiert

in die Abwehrschlacht gegen das Pest-Virus im Informationszeitalter.

 

"Corona-Osterruhe: Halb Europa macht zu. Harter Lockdown in Paris, Wien oder Rom als Antwort auf hohe Infektionszahlen."

Hamburger Abendblatt, Gründonnerstag/Karfreitag, 1./2.4.2021, S. 4.

 

Ich werde überleben.

Ich werde das Schlachtfeld als Sieger verlassen.

Der Wille entscheidet.

 

(Hamburg, Karfreitag, 2.4.2021)

 

 

März 2021

 

Hans Krech

 

Lionheart

   Für König Richard Lionheart

   (1157 - 1199)

 

Niemals aufgeben,

immer in der ersten Reihe kämpfen,

jede Gefahr bestehen,

immer der Klügste und der Stärkste sein,

das Herz eines Löwen in der Brust tragend.

 

(geschrieben am 4.8.2013 in Bournemouth)

 

 

Februar 2021

 

Hans Krech

 

Sehnsucht nach dem Frühling

 

Dauerregen fällt aus dunkelgrauem Himmel

auf das Gewirr von kahlen schwarzen Zweigen und Ästen,

das Mangrovenverhau des Gartens

zur Abwehr des nasskalten lebensbedrohlichen Corona-Winters.

 

Die letzte Verteidigungsstellung bis zum rettenden Frühling.

 

(19.1.2021, 7 Uhr, Hamburg, Cranachstr. 75)

 

Januar 2021

 

Hans Krech

 

Sledge Hammer

 

Niedergedrückt von den verlorenen Siegen

der vergangenen zwölf Monate,

empfange ich auf den Knien

die Verheißungen des neuen Jahres:

seinen Reichtum, seine Gesundheit,

sein Glück, seine Küsse,

seine schönen Mädchen.

 

Dann stehe ich auf

und schmiede das Jahr

nach meinem Willen.

 

(Hamburg, 1.1.2014)

 

Dezember 2020

 

Hans Krech

 

Travelling home from Christmas

 

Im sanften Sinkflug landet die Dämmerung auf der Autobahn,

deckt alle bunten Farben mit ihrer grauschwarzen Schlafdecke ab,

herrschend über mit Rouladen und Stolle gefüllte schwere Bäuche

und geschenkesatte Seelen.

Die monotonen Bässe der Motoren des Postbusses

werden überlagert vom Coldplay-Gottesdienst in den Kopfhörern,

dem göttlichen Funken am Ausgang des Jahres.

"Viva la vida".

 

(26.12.2015, Rückfahrt vom ZOB Halle/S. zum ZOB Hamburg im Postbus)

 

November 2020

 

Hans Krech

 

November-Blues

 

Auf grauer Leinwand

malt der Sonntag

still mit schwarzem Pinsel

den Garten aus.

 

Hohe Bäume recken ihre kahlen Äste

in den düsteren sonnenleeren Himmel,

gespenstische Tentakeln von Krakenmonstern,

die nach unserer Seele greifen.

 

Dauerregen klopft

an die Fensterscheiben,

singt das Herbstabschiedslied:

November-Blues.

 

(Cranachstr. 75, Sonntag, 15.11.2015, nach 16 Uhr)

 

Veröffentlicht in: Eilers, Reimer Boy/Kamber, Emina/Kaufmann, Esther/Olsson, Sven j. (Hrsg.): Hummeln im Mors. Eine Anthologie zum Neuen Hamburger Literatrubel 2018 vom Verband deutscher Schriftsteller und Schriftstellerinnen in ver.di - Landesverband Hamburg, Hamburg: telegonos-publishing, 2018, S. 46.

 

Oktober 2020: 3. Oktober 2020 30 Jahre Deutsche Einheit

 

Hans Krech

 

Wir sind das Volk

Das Glaubensbekenntnis der Bürgerrechtler

 

Wir kommen vom Anfang der Zeit

kämpfend für die Freiheit der Menschheit.

Geboren von der Mutter Sonne

aus dem Himmelsblau.

Unsere Geburtsnamen sind:

Stahl, Adler, Tiger, Wolf.

 

Lebend in den Herzen des arbeitenden Volkes,

gequält, geschlagen, unterdrückt

durch die Jahrtausende. 

 

Lebend in den Träumen aller Menschen,

jede Nacht, in jedem Land, in jedem Haus.

Als die letzte Hoffnung auf unserer Erde

für soziale Gerechtigkeit,

Freiheit und die Ausrottung aller Kriege.

Die einzige Hoffnung.

 

 

September 2020

 

Hans Krech

 

Mars attack

 

Über das sonnengerötete tiefgefurchte Gesicht

des kleinen kalten Bruders unserer Erde

rinnen salzige Schweißtränen.

 

In einem Sandsturm verborgen

schürt er das Feuer des Krieges in der Levante

und im Zweistromland,

pfeift durch die Ruinen der ermordeten Städte

und treibt Millionen verzweifelter Menschen

in die Flucht

über das menschenverschlingende Mittelmeer

ins goldglänzende stöhnende Europa.

 

(29.9.2015)

 

 

August 2020

 

Hans Krech

 

Als ich fortging

 

Als ich fortging,

war das Land grau vom Kohlenruß auf allen Häusern,

die Dächer waren löchrig

und der Regen lebte in den Wohnungen der Bürger.

Die Flüsse waren durch Chemieabwässer ermordet worden

die zwanzig Zentimeter hohe giftige Schaumberge bildeten.

 

Als ich fortging,

waren die Kasernen überfüllt mit sowjetischen Kolonialsoldaten,

über die Felder wurden Panzerstraßen in Richtung Westen gebaut.

Ich kannte viele der Gesichter der Stasi-Agenten,

die mich rund-um-die-Uhr auf Schritt und Tritt begleiteten.

 

Als ich fortging,

war ich ein stolzer schwarzer Bürgerrechtler mit einem Ersatzausweis,

seit Jahren arbeitslos, gedemütigt, überwacht,

mit einer unerbittlichen Freiheitssehnsucht im Herzen.

Die Freiheit wirft immer ein helles Licht!

 

Als ich fortging, starb das Land.

 

(Das Lied der Gruppe Karussell "Als ich fortging" aus dem Jahr 1987 war die inoffizielle Hymne der Ausreisebewegung in der Endphase der DDR, auf die ich mich in meinem Gedicht beziehe.

Das Gedicht schrieb ich am Tag der Europa-Wahl am 25.5.2014.) 

 

 

Juli 2020

 

Hans Krech

 

Corona - Terrornächte

 

Wilde Albträume toben

stundenlang durch meine schlaflosen Nächte.

Begleitet von Phantomschmerzen im linken Bein,

heulende Hyänen,

die sich in den Oberschenkel verbeißen.

 

Verzweifelt bete ich bis zum Morgengrauen

meine Arabisch-Vokabeln hoch und runter,

stehe dann auf und

schaue aus dem Fenster

in den sattgrünen friedlichen Sommergarten.

 

Darüber hat die Morgensonne

ihre dichten grauen Gardinen

über dem Himmel zugezogen.

Angst wandert hämisch grinsend

in meinem Kopf herum.

 

(Hamburg, 5.6.2020, 6:50 Uhr)

 

 

Juni 2020

 

Hans Krech

 

Langlauf

 

Eine Million einsamer Runden,

 gehetzt,

  gekeucht,

   geschwitzt,

durch morgenkühle Vororte,

auf schwarzen Asphaltbändern, zerfurchten Feldwegen,

 belächelt,

  verlacht,

    bewundert.

Und du wirst Sieger sein über dich und deine Gegner!

Schön ist es, hoch oben zu stehen und zu lachen,

mit der Sonne und dem Wind,

nach diesen eine Million Runden.

 

(aus: Deutsches Sportecho, 26./27.9.1980, Nr. 190, S. 7.

Es war mein erstes veröffentlichtes Gedicht. Das "Deutsche Sportecho" erschien als Sport-Tageszeitung in hoher Auflage in der DDR.)

 

Mai 2020

 

Hans Krech

 

Extremsportler

 

Im Zwielicht von Teufelsbrück

auf dem Elbuferweg in Richtung Altonaer Hafen laufen,

mitten hinein in die alpengroß auf Hafen und Stadt

lümmelnde rote Morgensonne,

die langsam aufwacht, sich streckt und gähnt,

heller wird, fast weiß,

und ihren Walkürenritt über das Himmelszelt beginnt.

Und ich bin mittendrin, laufend, schreiend vor Glück,

Kilometer fressend:

 

48.500 km mit Ball gelaufen.

467 Tore in fünf Stunden erzielt.

1.000 Situps in 50 Minuten.

13.250 Liegestütze im Jahr.

 

Und zur Belohnung gibt es:

Wasser, Müsli,

Nudeln und Protein-Shake.

 

(Hamburg, 28.4.2013)

 

April 2020

 

Hans Krech

 

Born to run II

 

Rosa Blütenteppich schwimmt auf kalten Pfützen,

eisiger Morgenregen perlt vom Maigrün,

weiße, rote, gelbe Tulpen, blaue Narzissen

am linken Rand meiner Sprintstrecke in der Reventlowstraße,

60 Meter, auf denen ich mich in den Morgen katapultiere,

in den grauen Sonntagshimmel,

den Ball immer am linken Fuß,

ein Sprint in die göttliche Dimension der menschlichen Existenz,

das Leistungsmaximum

von Lunge, Herz, Muskeln, Beinen und stählernem Willen

vereinend in einem Sieben-Sekunden-Vulkanausbruch-Finish.

 

Und dann schreie ich meinen Triumph über Othmarschen,

über die Elbe, über den Hafen, über die Stadt!

 

Und dann brülle ich meinen Sieg in die Herzen der Hamburger,

in dein Herz, wo er weiterlebt, in dir glimmt

und an manchen trüben Tagen auflodert,

der Schrei, der Siegschrei!

Und dann wirst du deine Laufschuhe herausholen,

Hamburgs kühle Seeluft in deine Lungen pumpen

und du wirst laufen,

laufen bis ans Ende deiner Zeit.

 

Willkommen Schwester! Willkommen Bruder!

Unser gemeinsamer Weg ist noch lang!

Born to run!

 

(Hamburg, 10.5.2015)

 

März 2020

 

Hans Krech

 

Born to run

 

Der Rhythmus der Wellen ist in mir,

die Stetigkeit des Windes,

das Feuer aus dem Innern der Erde,

die Energie der Mutter Sonne.

 

In einem früheren Leben

war ich ein Husky,

unermüdlich rennend

auf endlosen Schneepisten

in Alaskas Eiswüsten

born to run.

 

(Bournemouth, Beach, 31.7.2013)

 

Februar 2020

 

Hans Krech

 

Al-Bab

 

Öffne die Tür,

mach sie endlich auf,

besteige den Rappen Buraq

und reite über sieben Himmel

zum Felsendom der Heiligen Stadt,

wo jüdische, christliche und islamische Gebete

sich verbinden zum einigenden Ruf:

Salam!

 

(Hamburg, 26.10.2019)

 

Januar 2020

 

Hans Krech

 

Das vergangene Jahr 

 

Schneeweiße blendende Sonne

im grauen Wolkenbett,

der kalte bilanzierende Blick des Universums

auf unser hastiges Leben

in der Vorweihnachtszeit.

 

Die unerbittliche Frage

nach dem "Warum" und "Wozu",

die nie eine erfüllende Antwort findet,

die uns immer vorwärts treibt,

weil wir Menschen sind.

 

(Hamburg, 20.12.2015)

 

Dezember 2019

 

Hans Krech

 

Ein Dezembermorgen

 

Mit Raureif weiss gezuckerte Bäume und Büsche

lächeln die Morgensonne an,

die auf hellblauem Laken liegend,

über Hamburg strahlt.

 

Der Nachtfrost

hat sich auf den menschenleeren Parkbänken breitgemacht

und malt surreale Eiskristallmuster auf die Fensterscheiben.

 

Auf dem Altonaer Weihnachtsmarkt

wecken echte Thüringer Rostbratwürste

und Glühwein mit Schuss

die Kauflaune der Hamburger.

Das Glockenspiel in der Waitzstrasse klimpert

mit "Kling Glöckchen"

den Weihnachtsendspurt des Jahres ein.

 

(Hamburg, 5.12.2016)

 

 

November 2019

 

Hans Krech

 

Mauerfall

 

Krachend stürzt die unüberwindliche Mauer

zwischen Freiheit und Massenknast,

zwischen Demokratie und Diktatur,

zwischen Hoffnung und Tod.

 

Das Volk hat die Barriere durchbrochen

und seine Entscheidung gefällt,

weise und mutig,

stolz und stark,

gewinnt die apokalyptische Schlacht

um die Zukunft Deutschlands,

der Europäischen Union und der Welt.

 

Mit goldgelben Strahlen

schreibt die Morgensonne

die Parole der Sieger der Geschichte

auf die hellblaue Himmelsleinwand:

FREIHEIT!

 

(Hamburg, 26.10.2019)

 

Oktober 2019

 

Hans Krech

 

Mariahilfer Straße Ende Oktober

 

Der Herbst meiner Träume

ist gekleidet in die Eleganz der Prachtstraße

zwischen Westbahnhof und Museumsquartier.

Die goldene Gediegenheit des Erfolges.

Um zu erlangen deine lächelnde Gunst, Geliebte,

den Raketentreibstoff für mein Herz und meinen Schoß.

Maria hilf!

 

(Wien, 31.10.2015)

 

September 2019

 

Hans Krech

 

Die Nacht ist eine große Magierin

Ein Triptychon

 

I. Linker Flügel: Begegnung

 

Die Nacht ist jung und schön,

sie ist dunkelblond, hat blaue Augen,

trägt einen kurzen schwarzen Rock,

der ihre wunderbaren Beine enthüllt.

Sie lächelt mich an,

als sie an der S-Bahnstation Reeperbahn

in die erste  S1 des Tages  gegen 4:30 Uhr zusteigt

und sich mir gegenüber  hinsetzt.

Reeperbahn-Nacht-Träume schmiegen sich

an meinen halbwachen Körper.

Flimmernde Lichter einer Tabledance Bar

sehe ich in ihren Augen.

Sie locken meine Hände,

ihre Brüste und Beine zärtlich zu berühren. 

Die Nacht ist eine große Magierin,

sie verzaubert mir den anbrechenden Morgen.

Ich lächle zurück,

schon gefangen,

schon unterworfen,

schon verliebt.

Die Nacht, sie ist schön!

 

II. Rechter Flügel: Träume fliegen

 

6:30 Uhr nimmt der Airbus A320 von Airberlin

einen langen Anlauf auf der von gelben Begrenzungsleuchten 

gesäumten Startbahn  und  schwingt sich energisch

hinauf in den Nacht-Morgen-Himmel.

Unter uns das erwachende Hamburg, 

eine Nieselregen-Morgendusche nehmend. 

Mit an Bord die Nacht, 

die in mir weiterlebt, 

sich in mir zum Schlafen hinkuschelt,

deren Wärme ich In mir spüre,

ihren Körper, 

ihren Duft,

ihren ruhigen Atem,

ihre verstehend gewährenden lächelnden Lippen. 

Oh ja, die Nacht, sie ist eine große Magierin.

 

III. Mittelflügel: Mein St. Pauli

 

Hand in Hand wandern wir in Stuttgart

in den grauen Tag, die Nacht und ich,

vertraut seit Urzeiten,

gemeinsam frühstückend Rührei mit Bacon im Hauptbahnhof,

gemeinsam das Zimmer im Messehotel beziehend,

gemeinsam im Bad Cannstädter Kursaal am Abend

über unser von Krisen geschütteltes Europa diskutierend,

gemeinsam danach Bier trinkend.

Mit dem Einbruch der Dunkelheit mich verlassend,

tanzend mit goldener Samthaut, bloß, 

auf einem sich drehenden kleinen runden Podest,

eine magische Flamme, 

um die sich alles herum im Disco-Rhythmus bewegt, 

mein Tag und meine Nacht,

meine Träume, Reeperbahn-Träume aus St. Pauli.

Oh ja, die Nacht,  sie ist eine große Magierin.

Und sie ist schön, wunderschön. 

 

Sockel des Altarbildes: Geschrieben am Freitag, dem 21. Oktober 2016 während einer Reise von Hamburg-Othmarschen nach Stuttgart.

 

 

August 2019

 

Hans Krech 

 

Gedicht für eine unbekannte Schöne

 

Ein Zug fährt nach Norden

durchs flache dunkle Land,

Ruhrgebiet und Nordsee verbindend

mit dem Lächeln des schönen Mädchens

vor mir auf der Bank.

 

Ein Zug fährt nach Norden,

der Träume mit sich trägt

leicht und elegant,

im hellen Pullover einer Februarnacht

bedeckend die schönsten Hügel,

die bringen mich um den Verstand.

 

Ernsthaft ihre Äuglein schauen mich an

und dann in ihr Buch auf dem Schoss,

ihr Schmollmund lockt nachdenklich.

Meine Gedanken sind unterwegs zu ihr und nach irgendwo,

suchen einen Anfang.

 

Ein magischer Moment,

geboren in dem Zufall des Alltags,

befördert von gerade geborenen Träumen,

diesem Fluss, der immer fliesst.

Einen neuen Anfang machen.

 

(geschrieben am 17.2.2012 im EC 101 von Koblenz nach Hamburg-Altona gegen 22:30 Uhr im Weserbergland)

 

Juli 2019

 

Hans Krech

 

Sommerregen

 

Sattgrüne Lärchen und Fichten

umlagern den kleinen Teich

inmitten des Parks,

spiegeln sich stolz auf der glatten Wasseroberfläche,

austreibend ihre zarten Nadelspitzen,

füllend den aufwachsenden Garten.

Nieselregen aus grauen Wolken 

tupft vorsichtig streichelnd Ufer und See,

ankündigend den nahenden Sommerregen.

 

(16.5.2019, Botanischer Garten Hamburg)

 

Juni 2019

 

Hans Krech

 

Teich im Park

 

Teichschlammbraun sind die Augen

des armlangen Karpfens,

die meine Bewegungen auf dem Steg

gebannt verfolgen,

hoffend auf eine Kuchenkrume.

 

Dann dreht er enttäuscht ab

und schwimmt dicht unter der Wasseroberfläche

in Richtung Teichmitte davon.

Seine Rückenflosse pflanzt

sich schnell verbreiternde kleine Wellen

in die dunkelgrünen Wasserspiegelbilder

umstehender Bäume.

 

(Botanischer Garten Hamburg, 24.8.2016)

 

Mai 2019

 

Hans Krech

 

Moonriver

 

Mond im Fluss,

zitternd auf den Wellen der Flut,

die von Cuxhaven elbaufwärts drückt,

auch in  mein Herz,

das lebt in und mit der Elbe,

deren Adern sich verästeln in mir

im Wechsel der Gezeiten.

 

Krabben in mir, Nordseeluft,

Sturmflutgrollen, Flugsand, Heringe.

Und eine Robbe im Hafen meines Körpers,

immer hungrig,

wasserliebend, wassergeboren.

Moonriver überschwemmt

Seele und Herz.

 

 

April 2019

 

Hans Krech 

 

Migranten 

 

Ich bin Türke.

Meine Hautfarbe ist schwarz.

Meine Muttersprache ist Arabisch.

Mein Name ist Mohammad.

Ich bete zu Allah.

 

Ich bin ein guter Deutscher und Europäer.

 

(Hamburg-Altona, 16.3.2019)

 

März 2019

 

Hans  Krech

 

Frühlingsruf

 

Noch schwimmen  Nachtschatten durch die Dürerstrasse,

verhüllen Häuser und Gärten mit schwarzgrauen Nebeln.

Leiser Nieselregen benetzt das Gesicht

auf meinem Weg zum Bäcker.

 

Menschenleer sind die Fusswege.

Nur die Zeitungsverkäuferin am "Block Haus"-Restaurant

beugt sich schon über ihre

mit durchsichtiger Folie abgedeckten Journale,

schemenhaft beleuchtet von den Schaufensterlichtern

aus dem gegenüberliegendem "Dat Backhus".

 

Wie so oft bin ich der erste Kunde

und stehe wartend einige Minuten

vor den noch geschlossenen Glastüren,

freue mich auf ofenwarme "Knackfrische"

und das Kreuzworträtsel  in der Sonntagszeitung.

 

Die kahlen Äste der umstehenden hohen Bäume

verbinden sich

mit den tiefhängenden dunklen Regenbelagerungswolken

zu einem Februar-Stillleben aus den Hamburger Elbvororten.

 

Da beginnt plötzlich eine Amsel zu singen,

jubilierend den düsteren  Wintermorgen beiseite zu schieben,

losbrechend einen Amsel-Chor,

der kraftvoll nach dem nahenden Frühling ruft.

 

(Hamburg-Othmarschen, Sonntag, 10.2.2019, 6:45 Uhr)

 

 

Februar 2019

 

Hans Krech 

 

A Seaborne Nation 

 

British Island had borned by sea,

conquered by Romans, Saxons, Angles, Jutes and Normans from sea,

raised as a seapower in Middle Ages, 

ruled as an Empire all ozeans in nineteenth century, 

peaked as a workbench of the whole world,

and is currently still

a seaborne nation in the EU.

That's Great Britain.

 

(written after visited HMS Victory in Portsmouth on 19 July 2013)

 

Januar 2019

 

Hans  Krech 

 

Unsere griechische Phalanx

 

Ein goldener Regenbogen

spannt  sich vom schneebemützten Ida-Gebirge

über die blauäugige Ägäis bis zu den Heissen Quellen  am Thermopylenpass,

vom blutgetränktem Schlachtfeld Trojas bis zum unbesiegbaren Sparta,

vom eulengesichtigen Athen bis zum schweissgebadeten Olympia,

vom barbusigen Knossos auf Kreta bis zum sizilianischen Syrakus,

von Marathon nach Salamis

und zur Bibliothek und dem Altar auf dem Burgberg von Pergamon.

Ein goldener Regenbogen, auf dem die Phalanx der ersten Helden unseres Europas  aufmarschiert. 

Unsere  Hopliden. Von Anfang an.

 

 

Schild an Schild, Arm an Arm,

Lanze an Lanze im metallen klirrendem Gleichschritt

der Unerbittlichkeit, der Unaufhaltsamkeit der Phalanx.

Im Zentrum Achilles, the best warrior ever born.

Links von ihm Odysseus der Listenreiche.

An seiner Seite Leonidas, das Sinnbild der Pflichterfüllung.

Dann die blondgelockte Helena, die erste schönste Frau unseres Kontinents

und die Weisen, die unsere Wissenschaft, unsere Philosophie  und unsere Dichtkunst begründeten:

der ErfinderArchimedes,

der blinde Allesseher Homer,

der Weltenherrscher ausbildende Aristoteles,

der die Akropolis erbauende Phidias.

Auf dem rechten Flügel der göttliche Alexander,

vielleicht der grösste Kriegsheld aller Zeiten.

Und daneben Arm in Arm das Volk, das die Demokratie erfand.

Die mächtigste Waffe unseres Europas.

 

(geschrieben am Tag der Volksabstimmung über den Euro in Griechenland am 5. Juli 2015)

 

Dezember 2018

 

Hans Krech

 

Travelling home for Christmas

 

In Morgennebelbetten schlafende schwarze Tannenwälder,

umsäumt von dunkelgrünen Winterweizenteppichen,

eskortieren den ICE 91,

wie die Etappen des vergangenen grauen kalten Jahres,

süchtig nach dem Aufstieg der goldenen Frühlingssonne.

 

(24.12.2015, Fahrt mit dem ICE von Hamburg-Altona nach Halle/S.)

 

November 2018

 

Hans Krech

 

Verliebt war ich

 

Verliebt war ich als kleiner Bub in Barbara Brylska,

eine polnische Filmschauspielerin, die in dem Film "Pharao" oben ohne auftrat,

dann in eine unbekannte Zirkusartistin,

die ich mutig mit klopfendem Herzen mit dem Fahrrad aufbrach zu suchen

in immer weiter entfernten Nebenstrassen der Torgauer Strasse in Büschdorf.

 

Verliebt war ich als achtzehnjähriger NVA-Soldat in Ornella Muti,

als sie als vierzehnjähriges Mädchen der Mafia auf Sizilien widerstand

in einem Film von Damiano Damiani, "Das schönste Mädchen" des Westens,

wegen der ich zehn Jahre später Mauern umlegte

auf dem Weg von Ost nach West.

 

Verliebt war ich in Marilyn Monroe,

ihre kalifornischen Zelluloid-Gipfel, unerstürmbar,

ein Traum aus der Traumfabrik Hollywood,

Champagner benetzt, Kennedy behütet.

 

Verliebt war ich in Claudia Cardinale,

das "Lied vom Tod" Ennio Morricones im Ohr,

in den Weiten des amerikanischen Westens, Pionierblut in den Adern,

die mich den Eisenbahnbau lehrte,

von einem Ende der Welt zum anderen.

 

Ich schreie in nicht enden wollenden Träumen,

ich stöhne, ich fluche, ich jammere, ich liebe,

ich suche in langen Lebensjahren die schönste Frau der Welt.

 

(Hamburg, 9.6.2003)

 

Oktober 2018

 

Hans Krech

 

Anspruch und Verpflichtung

 

Die Hände gefaltet zum Gebet 

sitze ich im ICE 

von Leipzig nach Frankfurt a.M.,

eine Fahrt im schimmernden Dunst der Geschichte.

 

Von Leipzig,

dem Studienort unseres grössten Dichters

und der Stadt der entscheidenden Massendemonstrationen gegen das SED-Regime im revolutionären Herbst 1989,

über Weimar,

wo Goethe zum besten Minister der deutschen Geschichte reifte,

über Eisenach,

wo auf der Wartburg Luther die Bibel ins Deutsche übersetzte

und heute das Opel-Werk eine ganze Region in das 21. Jahrhundert hinüber rettete,

über Fulda,

wo im Kalten Krieg die Sowjetarmee und der Warschauer Pakt eine große Westoffensive planten,

nach der Finanzmetropole und Bücherstadt Frankfurt a.M.,

der Geburtsstadt Goethes.

 

(geschrieben im ICE 1552 am 24.9.2012, 19:11 Uhr - 22:54 Uhr)

 

September 2018

 

Hans Krech

 

Träumen im Park

 

Samtgrün ist das Bett meiner Träume

auf der weiten Wiese im Park,

bedeckt vom blauen Laken des Himmelszeltes

eines heissen Augusttages.

 

Nordseewind fächelt mir sanft Kühlung zu,

eine junge Buche umschmeichelt mich mit der Gunst ihres Schattens,

leise mit mir summend das Gartenlied

vom Nahen des Herbstes.

 

(Botanischer Garten Hamburg, 24.8.2016)

 

 

August 2018

 

Hans Krech

 

Abschied

 

für Maren

 

Auf eine mit Raureif bedeckte Bank

schrieb ich deinen Namen...

 

Nun sehe ich den schmelzenden Eiskristallen zu,

die langsam zerrinnen und verdampfen.

Du wirst kleiner und kleiner,

beginnst zu schweben.

Zerronnen ist die Liebe,

entflohen die Erinnerung,

verdampft meine Botschaft auf dieser Bank an die Sonne,

an das Leben.

 

(Geschrieben im Frühjahr 1977 als Gefreiter während des NVA-Grundwehrdienstes im Motorisierten Schützenregiment 17 bei der Wache im Objekt "Goldberg" in Halle/S., wo die Ausbildung mit den MANPADS Strela - schultergestützten tragbaren Fliegerabwehr-Raketen - stattfand. Es war eines meiner ersten Gedichte.)

 

Juli 2018

 

Hans Krech

 

Bäume reden

 

Lange graue Blütensträhnen

im dichten Grün

der himmelhohen Mammutbäume,

die erhaben und stolz

den Park dominieren.

Sie werden hier noch in Jahrhunderten

leise rauschend stehen,

kündend vom langen Atem des Waldes.

 

Zu ihren Füssen eine Gruppe zerzauster Araukarien-Bäume,

ihre Wurzeln im Chile südlich des Rio Bio Bio,

mit harten immergrünen Nadelblättern und nahrhaften Samen,

die zäh sind wie die Völker der Araukaner,

die von und mit ihnen leben,

seitdem ihr Häuptling Lautaro

sie zum Aufstand gegen die Spanier führte.

Die Araukaner waren das einzige Indianervolk Lateinamerikas,

das von den spanischen Konquistadoren

niemals bezwungen wurde.

 

Einen Mammutbaum und eine Araukarie

will ich in meinen Garten pflanzen,

damit die Weisheit ihres grünen Atems

auch immer in meiner Lunge sei,

Teil meines Atems und Teil meines Blutes.

 

(Botanischer Garten Hamburg, 24.8.2016, 16:20 Uhr)

 

 

Juni 2018

 

Hans Krech

 

Sonntagmorgen

 

Die ganze Nacht hat es geregnet,

wild trommelten Milliarden Wassertropfen

auf das Dach und die Fensterscheiben,

der monotone laute Rhythmus meiner Tiefschlafträume,

schwimmend im Meer der Hoffnung,

strampelnd nach Luft schnappend,

überlebend.

 

In der Dürer-Straße gurgeln die Gullys

den gefallenen Regen hinab

in den schwarzen Schlund der Kanalisation.

Auf den juligrünen Blätterdickichten der Bäume

glitzern silbrig die Strahlenkundschafter der Morgensonne,

angezogen vom Lockduft frischer Brötchen

aus der Bäckerei "Dat Backhus" in der Waitzstrasse.

Sonntagmorgen.

 

(Hamburg, Sonntag, 17.7.2016)

 

Mai 2018

 

Hans Krech

 

Wo alles begann

 

Es war in Winchester,

es war ein Freitag,

es regnete wie verrückt

und ich streunte ziellos

durch die Stadt,

die die erste Hauptstadt

Englands gewesen war.

 

Vor einer Kirche in einer

menschenleeren Nebenstrasse

stand ein einsamer Dudelsack

spielender Schotte im Tartan-Kilt.

Wehklagende herzzerreissende Melodien

aus dem Borderland,

jahrhundertealt,

fingen mich ein.

 

Da öffnete sich das Kirchenportal

und ein frisch vermähltes Brautpaar

trat heraus

und der Regen wusch ihnen die lachenden Gesichter,

der Dudelsack jubilierte laut auf,

und ich stand still und staunte reglos.

Und es regnete.

Wo England begann. Wo alles begann.

In Winchester.

 

(Winchester, 24.7.2015 und Hamburg, 7.4.2018)

 

 

April 2018

 

Hans Krech

 

Karfreitag

 

Morgenfrost mattiert mit seinem Raureif

silbrig glänzend die Pfützen auf den Wegen

und die Glasscheiben an den

Wartehäuschen der Bushaltestellen.

Eingefrorene Frühlingsträume,

in die wir noch heute Nachmittag

hineintauen werden,

den Blick dann frei geradeaus

in das aus dem Winterschlaf erwachende Jahr,

zartgrün spriessend,

überschwemmt vom Duft

blauberockter Krokusse.

 

Die Hoffnung ist wiederauferstanden,

sie steht auf kräftigen Beinen,

sie rennt,

sie liebt,

sie siegt!

 

(Hamburg-Othmarschen, Karfreitag, 30.3.2018, 9 Uhr)

 

März 2018

 

Hans Krech

 

Reunion - Das Klassentreffen

 

Gestern und Heute

begegnen sich

fűr einige wenige Stunden

in der ungarischen Gaststätte "Jambor"

am Kleinen Berlin in der Altstadt von Halle

bei Soljanka und Köstritzer Schwarzbier,

symbolisierend den politischen

und persönlichen Epochenwechsel.

 

Wiedervereinigt in einem

wiedervereinigtem Deutschland.

 

(40 Jahre Abitur der Klasse 12/4 der EOS "August Hermann Francke" am 19.9.2015)

 

Februar 2018

 

Hans Krech

 

Mädchen im Park

 

Mädchen im Park

im wonnesamten Monat Mai

mit Augen so blau wie der sonnenüberflutete Himmel

eine ewige flachsblonde Haarsträhne im Gesicht

herabfallend bis zu den scharlachfarbenen Lippen

im Nacken ein wippender Zopf, der das Weiss des Halses

hin- und herbaumelnd streichelt.

 

Mädchen im Park

inmitten von Blumenrabatten hockend

oder die weiten Rasenflächen harkend, die Wege von Unkraut säubernd

unter dem noch zartgrünen Dach ausschlagender Kastanien

umfangen vom sanften Weben des Frühlings.

 

Mädchen im Park

die von der Pompadour geliebte Kunst der Gärtnerei ausübend

(sie beherrschte viele weitere Künste!)

von der die alten Chinesen - unübertroffene Meister in der Gestaltung

vortrefflicher Parks mit Teichen, Brücken, Pavillons - sagten:

Wer einen Tag glücklich sein will, der besaufe sich.

Wer eine Woche glücklich sein will, der schlachte ein Schwein.

Wer ein Jahr glücklich sein will, der heirate.

Wer aber ein Leben lang glücklich sein will, der werde Gärtner.

 

Mädchen im Park

an dem ich fast jeden Wochentag um die  Mittagszeit vorbeischlendere

betont langsam

während die pausbäckige Sonne in die blauseidene Unendlichkeit strahlt

und der Großstadtverkehr die grüne Insel in der City lärmend und stinkend umbrandet

derweil die Stare aus schattigem Geäst jubilieren

auf den von Maschendraht umzäunten Spielplätzen die Jungs

aufgeregt schreiend einem Fussball nachjagen.

 

Mädchen im Park

zerschmolzen von der Sonne

überschwemmt vom Duft der Blumen, der Erde, der Wiese

benetzt vom Morgentau, den feinen Wassertröpfchen des Springbrunnens

selbst goldgekrönter Teil des Parks, selbst Rose und Lilie

selbst Knospe und junge Birke

nie wirst du schöner sein als heute

pflücken wir ab des Augenblicks Blüte.

 

(Halle 1986)

 

 

Januar 2018

 

Hans Krech

 

Turbulenzen

 

In Flughöhe 6000

schliesse ich die Augen

und ergebe mich

dem Werben der weissen Morgensonne,

die mich küsst,

ihre Energie an mich weitergibt,

während wir über ein fast glattes

Wolkenschneefeld gleiten,

das sich von Horizont zu Horizont

ausgebreitet hat.

 

Eine leichte Turbulenz schüttelt das Flugzeug,

ein Stups nur von der stürmischen Geliebten,

eine leidenschaftliche Umarmung.

Und dann stossen wir lächelnd an

mit einem Tomatensaft

mit Pfeffer und Salz.

 

(Flug Lufthansa LH 2087 am 3.4.2017 von Hamburg nach München)

 

Dezember 2017

 

Hans Krech

 

Kaisertränen

 

Endlos rinnt aus grauem Himmel

Regen auf die Schwarzdächer Aachens,

löscht auch die Hoffnungskerzen

des Weihnachtsmarktes vor dem Rathaus.

 

Dunkelblau schlummern die

Heiligengeschichten erzählenden Glasfenster des Domes

- angelehnt an italienischen Marmor -

bewachend den goldschimmernden Sarkophag zu ihren Fuessen,

in dem Kaiser Karl hemmungslos weinend betet.

 

Der Traum unseres großen Ahnherren

von einem vereinigten friedlichen Europa

ist nur noch eine sehnsuchtsvoll schluchzende Orgelmelodie,

die in kalten Winternächten in unseren verlorenen Herzen nachhallt.

 

Der Thron auf der Empore,

errichtet mit den Bodenplatten der Grabeskirche Christi in Jerusalem,

von den Messern gelangweilter römischer Legionäre bekritzelt,

ist verwaist seit Jahrhunderten.

Der Weg hinauf verriegelt durch schwere Eisenketten

und eine Gittertür.

 

(geschrieben am Nachmittag des 21.11.2017 im Dom zu Aachen)

 

 

 

 

November 2017

 

Hans Krech

 

Stillleben mit Weihnachtsmarkt

 

Rätselhafte Lichter wandern über die Tanne

auf der Binnenalster am Jungfernstieg.

Im Hintergrund Weihnachtsmelodien vom Broadway,

die gemischt mit Glühwein und Rum

in mich hineinfliessen.

 

In kalter dunkler Winternacht

sanft träumend vom Aufstieg des neuen Jahres.

 

(geschrieben am 14.12.2014 gegen 18 Uhr auf dem Weihnachtsmarkt am Jungfernstieg nach dem Besuch der Sonderausstellung Stillleben von Max Beckmann in der Kunsthalle)

 

Oktober 2017

 

Hans Krech

 

Lesen

 

Zuerst las ich alle meine Schulbücher, wenn ich sie Ende August aus der Schule in Bueschdorf abgeholt hatte. Ich legte mich auf den Rasen unter den Gravensteiner-Apfelbaum und las alle Buecher von der ersten bis zur letzten Seite vor dem ersten Schultag Anfang September.

 

Dann las ich in der Schulbibliothek in Bueschdorf jedes Buch und die Groschen-Romane der Tochter des Schuldirektors.

 

Dann las ich alle fuer Kinder erlaubten Bücher der Stadtbibliothek Halle am Hallmarkt. Das waren Abenteuerromane, Bücher über die Revolution in Kuba und den Freiheitskampf der kolonial unterdrückten Völker.

 

Dann las ich alle Buecher meiner Mutter. Alle. Französische Liebesromane, das Aufklaerungsbuch fuer Kinder. Auch alle Bücher, die sie mir zu Geburtstagen und Weihnachten schenken wollte, hatte ich sämtlich schon lange vorher insgeheim gelesen. Manche auch schon mehrfach. Auch das Lexikon meines Grossvaters aus dem Jahr 1901 studierte ich umfassend.

 

Dann wurde ich Stammleser in der Schulbibliothek der Erweiterten Oberschule "August Hermann Francke".

 

Dann studierte ich die Bücher im Wissenschaftsbereich Allgemeine Geschichte und in der Universitaets- und Landesbibliothek Halle-Wittenberg. Unzählige Abende verbrachte ich im Lesesaal der Uni-Bibliothek.

 

Die Deutsche Bücherei in Leipzig war fuer mich wie ein zweites Wohnzimmer. Dort studierte ich die deutschsprachige Literatur. Ich gehörte zu den wenigen DDR-Buergern, die eine Bescheinigung zum Lesen von westlicher Literatur hatten, die nur in einem Turm ueber dem Hauptlesesaal einsehbar war. Die schwere Eisentuer vor diesem abgeschotteten kleinen Leseraum war eine Mauer innerhalb der DDR, die ich ueberwinden konnte. Dort lernte ich gesamtdeutsch zu denken.

 

Oft war ich in Ost-Berlin in der Staatsbibliothek Unter den Linden. Es war die einzige Bibliothek der DDR, die westliche Literatur auch in Englisch aktiv kaufte. Mit einer Sondererlaubnis durfte ich Fachzeitschriften, Zeitungen und Bücher aus aller Welt lesen. Hier lernte ich global zu denken.

 

Dann wurde ich Dichter.

Dann wurde ich Bürgerrechtler.

Dann wurde ich Revolutionär.

Dann starb die DDR.

 

(Hamburg, 22.12.2012)

 

September 2017

 

Hans Krech

 

Lost

 

Der Wind hat mir erzählt,

dass die wunderschöne langbeinige Kellnerin

aus dem "Overstrand",

die einige meiner Träume regierte,

nach London gezogen ist.

 

Meine Sehnsüchte 

waren für sie keine geschlossene Tür.

 

Das "Overstrand" überlebte als billige Spelunke.

Lost.

 

(Bournemouth, 22.7.2015)

 

August 2017

 

Hans Krech

 

Triptychon mit Orgel um 1850

 

Linker Flügel

 

Jubilierende Lerchen, die steil aufsteigend die Morgensonne anbeten,

das jeden Tag begleitende Geschrei der Möwen,

das ewig währende Rauschen der vom Nordwind an die Kaimauern getriebenen schwappenden Wellen der Elbe,

das Schellen der Schiffsglocken der in den Hafen einlaufenden Segelschiffe,

das werbende Rufen der Händler auf dem Fischmarkt,

das reiche Klimpern der Goldstücke in Banken und Kontoren,

das wehmütige Abschied nehmende Singen der Auswandererfamilien an der Englischen Planke,

das trockene Knarren der Räder der Pferdegespanne an den Landungsbrücken,

das lustige Lachen spielender Kinder auf dem Jungfernstieg,

das befehlende Läuten der Kirchenglocken

und dann nachts die trunkenen Seemannslieder aus den Kneipen auf St. Pauli,

begleitet vom Kreischen halbnackter Huren.

 

Rechter Flügel

 

Das sind die Stimmen Hamburgs:

seine Gespräche,

seine Hoffnungen,

seine Enttäuschungen,

seine Krankheiten,

seine Träume,

seine Wut,

seine Arbeit,

seine Gebete,

seine Liebe,

sein Sterben,

sein Streit,

sein Aufbruch:

SEIN ALLTAGSLEBEN.

 

Mitteltafel

 

Allsonntäglich von der Sturmflut

der sich in jede Fuge der Stadt hineinfressenden

gewaltigen Erhabenheit des Klanguniversums

der großen Orgel von St. Michaelis überschwemmt,

die bei den Hamburgern verstörende Gefühle auslöst,

eine euphorische Begegnung mit Gott.

 

Sockel der Mitteltafel

 

Hamburger Orgelsommer in der Hauptkirche St. Michaelis.

Willibald Guggenmos von der Kathedrale St. Gallen

spielt das Präludium in h BWV 544 von Johann Sebastian Bach.

 

(Hamburg, 12.8.2015)

 

Juli 2017

 

Hans Krech

 

Sternschnuppengewitterdisco

 

Auf den kleinen gemütlichen Wellen des Flusses

tanzen tausende Sonnenstrahlen

auf einer Sternschnuppengewitterdisco.

 

Versammelt,

um die blaugesichtige Elbe

in ein Diamantendiadem zu verwandeln,

eitel und stolz,

energiegeladen,

sonnengeboren.

 

All und Fluss

ineinander verwoben

zur vollkommenen Schönheit des Augenblicks.

 

Und dann vereinigen sich plötzlich

die hektisch tanzenden Sonnenstrahlen

zu einer gleissenden Spiegelfläche.

Zum letzten Tanz des Abends.

 

(Pfingstmontag, 5.6.2017 gegen 17 Uhr am Elbanleger Teufelsbrueck)

 

 

Juni 2017

 

Hans Krech

 

Triptychon mit Flugzeug

 

I. Linker Flügel: Alarm

 

Ein Cyberangriff lässt den Radiowecker

eine Stunde zu spät die Nacht beenden.

Es ist schon fünf Uhr.

Ich springe erschrocken aus dem Bett,

ziehe mich blitzschnell an

und renne mit dem Rollkoffer zur S-Bahn-Station Othmarschen.

Du hast mich im Traum vorgewarnt,

weißt wie immer alles besser,

schöne Freundin, die mein Herz erstürmt hat.

Deine braunen Augen sind die Flüchtlingsgrenzen meiner Träume.

Wenn du sagst "Püppi-Alarm",

dann renne ich und erreiche jedes Ziel.

Auch den Flug 6:55 Uhr mit Germanwings nach Wien.

 

II. Mittelflügel: Morgengruss in Flughöhe 6.000

 

Ein orangenfarbener Schleier ist im Auge der Morgensonne,

die sich im grauschwarzen Nebelmeer räkelt und

gähnend ihre ersten Strahlen in den Airbus A 319

hineinblinzelt,

aufmerksam beobachtet von dem blasser werdenden

schlafen gehenden riesigen Vollmond.

Tag und Nacht geben sich die Hand.

 

III. Rechter Flügel: Surfen im Walzer-Takt

 

Surfen auf dem weißen Nebelozean

auf dem schneeige Dünen wandern ins Nirgendwo.

Darüber zartblau lächelnd das Himmelszelt,

gefurcht von den Kondensstreifen-Autobahnen

der die Wien anfliegenden Flugzeuge.

 

Sockel des Mittelflügels

 

Flug mit Germanwings 6:55 Uhr bis 8:25 Uhr von Hamburg nach Wien.

 

(Geschrieben am 29.10.2015 an Bord) 

 

Mai 2017

 

Hans Krech

 

Science

 

Vom Sammeln und Ordnen des Wissens

führt der steinige Weg der Wissenschaft

über die Analyse zur Erkenntnis.

 

Wissenschaftliche Bildung

ist die höchste aller Tugenden

und im Informationszeitalter

die Hauptproduktivkraft eines jeden Landes.

 

Oxford ist das Tor Englands

in die Welt der Weisheit.

 

(Oxford, 10.8.2013) 

 

April 2017

 

Hans Krech

 

Rambo I

 

Ein Landstreicher

auf den Straßen -

nach dem Ende des Kalten Krieges.

 

Ein Elitesoldat

für die Freiheit und die Menschenrechte,

den alle fürchten.

Eine Kommunistenkillermaschine.

 

Mein Name ist Rambo,

John Rambo.

Ich komme zurück!

 

(Hamburg, 11.8.2002)

 

März 2017

 

Hans Krech

 

Fußball-Traum mit Britney

 

Das Anspiel von Marcel Jansen an der linken Aussenlinie

kommt hart wie immer.

Er knallt mir aus fünfzehn Metern den Ball in die Hacken.

Ich schreie vor Wut laut auf.

Der Ball prallt ab und ich muss im Grätschen nachsetzen,

damit er nicht vom Spielfeld rutscht.

Das lernt der Jansen nie, dass man die Bälle in den Raum

in Laufrichtung des Stürmers spielt.

Spielt und nicht knallt!

 

Vor mir bauen sich die Bremer Verteidiger Naldo und Clemens Fritz auf,

ich muss mich drehen, mache fünf Übersteiger mit Links,

dann spiele ich den Ball rechts vorbei, überlaufe sie links,

um dann mit Ball am Fuß einen Sprint über vierzig Meter hinweg

bis zum Bremer Strafraum anzuziehen,

die beiden Verteidiger immer direkt hinter mir.

Torhüter Wiese kommt aus dem Tor, stürzt auf mich zu,

fast zwei Meter groß und unglaublich massig.

Ich schlage einen Haken.

 

Und plötzlich durchfährt mich blitzartig ein Gedanke:

"Sie wird doch nicht rauchen?!" Britney weiß, wie ich das hasse.

Ich schaue im Sprint im Bremer Strafraum auf die Haupttribüne

und versuche unter den zehntausend Zuschauern

ihren blonden Schopf zu entdecken...

Hier bricht der Traum immer ab und ich weiß nie wie er ausgeht.

 

Träume geboren aus dem unergründlichen Universum unseres Ich,

in unser Bewusstsein drängend, sich oft wiederholend,

über Jahre hinweg.

Traumland - Träume.

 

(Hamburg, 30.8.2015)

 

Februar 2017

 

Hans Krech

 

Triptychon am Sonntag

 

     Für Lucas Cranach den Jüngeren (1515 - 1586)

 

I. Linker Flügel

 

4:35 Uhr beginnt die Platzamsel auf dem Dachfirst zu singen,

aus voller Kehle eine Arie

über den geheimnisvollen Sommergarten zu jubilieren,

über den auf der Wiese schlafenden Sennerhund,

um den selbst der Rasenmähroboter herumkurvt,

ein Mysterium,

über die dichte Hecke mit den vielen Räupchen,

die beiden haushohen Fichten,

hinter denen Sonne und Mond abwechselnd im Zenit stehen,

über die Kinderschaukel am Birkenbaum,

die quer über den Rasen gespannte Lichterkette.

 

II. Rechter Flügel

 

Zehn vor acht Uhr stehe ich in der Schlange

vor dem Bäcker "Dat Backhus" in der Waitzstraße an,

die vom Lockduft frischer Brötchen überschwemmt ist,

nach dem ich süchtig bin.

In den Vitrinen zwanzig Brot- und 15 Brötchensorten.

Und Cafe to go und Erdbeerkuchen und Croissants mit Marzipan.

Und Sonntagszeitungen mit Kreuzworträtseln - und Frieden.

Als die Vitrinen der Bäckereien im revolutionären Paris

Anfang Juli 1789 leer waren, stand das Volk auf.

Ich muss jeden Sonntag daran denken.

Und Frieden.

 

III. Mitteltafel

 

Auf der dicken silberfarbenen Lenkersäule des Ergometers

sehe ich das Spiegelbild meiner Beine,

die die Pedalen auf- und niedertreten

im harten Rhythmus des Trainings,

80 bis 100 Umdrehungen pro Minute,

eine unendliche wirbelnde Kraftmaschine,

brutal gegen das Computerprogramm ankämpfend,

steile Anfahrt auf den virtuellen Berg, steile Abfahrt,

steile Anfahrt auf den virtuellen Berg, steile Abfahrt - 15 km lang.

Und ich sehe, wie sich auf meinen Handrücken am Lenker

Schweißperlen bilden, die sich zu kleinen Pfützen schließen

und dann beginnt ein Tröpfchenregen auf den Fußboden

hinabzufallen, wo zwei Schweißseen wachsen.

Mein Sporttrikot ist pitschnass.

Endspurt mit 56 Stundenkilometern.

Der Computer wirft die Trainingszeit

für die tägliche Statistik im Trainingstagebuch aus.

 

Sockel der Mitteltafel

 

Und Duschen. Und Mittagsschlaf.

Und anbetend diesen Sonntag, jeden Sonntag.

Triptychon am Sonntag.

 

(Hamburg, Sonntag, 12.7.2015) 

 

Januar 2017

 

Hans Krech

 

Ein Januarabend in Blankenese

 

Weißer Christstern

im gotischen Türgewölbe

der Blankeneser Kirche

einer dunklen Januarnacht.

 

Mit seinen Zacken strahlend

in jede Himmelsrichtung

die Botschaft eines beginnenden

guten Jahres

auch in mein Herz.

 

(Blankenese, Sonntag, 8.1.2012)

 

Dezember 2016

 

Hans Krech

 

November-Blues

 

Auf grauer Leinwand

malt der Sonntag

still mit schwarzem Pinsel

den Garten aus.

 

Hohe Bäume recken ihre kahlen Äste

in den düsteren sonnenleeren Himmel,

gespenstische Tentakeln von Krakenmonstern,

die nach unserer Seele greifen.

 

Dauerregen klopft

an die Fensterscheiben,

singt das Herbstabschiedslied:

November-Blues.

 

(Hamburg-Othmarschen, Sonntag, 15.11.2015, nach 16 Uhr)

 

November 2016

 

Hans Krech

 

Halloween

 

Nachtschwarze Elbe

überschwemmt mit Nebelgeistern

feucht und kalt und gruselig die lichterglühende Hansestadt,

dimmt die eine Million Lampen Hamburgs herunter.

Aus dem Nebelmeer schreien 

grässliche grellbunte blutbeschmierte Fratzen

mit metallisch hallenden Stimmen.

Unheilvolles Jammern aus dem Vorhof der Hölle.

 

Und davor

glücklich lachende Kinder mit Lampions,

feiernd

ihren Halloween.

 

(Blankenese, 2.11.2014)

 

Oktober 2016

 

Hans Krech

 

Die Nacht, in der der Mond die Erde küsste

 

Auf golden strahlender Barke

surft die schönste Frau des Universums

über den nachtschwarzen Palmwipfeln,

schelmisch lachend,

eine Hand in den Ärmelkanal tauchend,

Strand und Häuser bespritzend.

Ihr Goldhaar ist ein langer

leuchtender Schweif am Firmament.

Und dann

beugt sich die Schöne übermütig herunter

und drückt ihre Lippen auf die Meinen.

 

(Bournemouth bei Vollmond, 23 July 2013, 21:50 Uhr)

 

September 2016

 

Hans Krech

 

Flut

 

Auf einer Million kleiner Wellen

wandert das weiße Licht der Abendsonne

querab über die Elbe,

eine magische leuchtende Brücke,

verbindend

das Airbus-Werk mit dem Schiffsanleger Teufelsbrück.

 

Eine sanfte frische Brise aus Nordwest,

die nach Nordseestrand duftet,

spielt auf dem Elbuferweg.

 

Eine Ente mit drei winzigen Küken

paddelt flussabwärts an meiner Bank vorbei,

ankämpfend gegen das auflaufende Wasser des Stromes,

der mit einem einhundert Kilometer langem Anlauf

von Cuxhaven kommend

in die Stadt hineindrückt.

 

Der nasse Kuss der Elbe mit dem Hamburger Hafen.

Vater und Mutter unserer Stadt

lebend im Rhythmus der Gezeiten.

 

(Samstag, 30.7.2016, Elbuferweg, 18:02 Uhr bei beginnender Flut)

 

August 2016

 

Hans Krech

 

Dom Europa

 

       Für Karl den Großen

 

Sonnenlicht gefiltert durch blaubunte turmhohe Kirchenfenster

bricht sich auf dem mattgoldenem Kaiserschrein

tief im Herzen der Apsis,

in dem die Gebeine

unseres Vaters ruhen,

der uns zeugte in Dekaden endloser Feldzüge

aus dem Blut der tapferen sächsischen Krieger,

den gefällten heiligen Eichen,

den erbarmungslosen Intrigen seiner Ahnen

zur Eroberung des Thrones der Merowinger.

 

All dies uns als Erblast

mitgebend durch zwölf dunkle Jahrhunderte,

manchmal den Traum eines geeinten friedlichen Europas

in der fernen Morgenröte erahnend

am Ende der alten Zeit.

 

(Dom zu Aachen, 21.4.2015)

 

Juli 2016

 

Hans Krech

 

Der letzte Schuss

 

Bürgerkrieg 1921.

Der weißgardistische Offizier

in Gefangenschaft der Bolschewiken

gefesselt unter Bewachung einer russischen Rotarmistin,

die schön ist wie eine Prinzessin aus Nowgorod,

mit birkenweißer Haut,

flachsblonden Zöpfen,

eismeerblauen Augen.

 

Am Baikal gefangen,

auf dem Weg zum Prozess, zur Erschießung,

verliebt in seine Bewacherin,

die letzte Liebe, die undenkbare Liebe,

die unentrinnbare Liebe.

 

Auch das Mädchen erliegt auf dem wochenlangen Marsch

der Liebe des Offiziers,

küsst seine Schulterstücke, seinen Mund

am Lagerfeuer am Baikal.

Oh herrlicher Baikal, oh herrliches Meer.

 

Gott ist groß!

Basmatschen folgen der Spur der Liebenden

zwischen den Bürgerkriegsfronten,

auf Kamelen, Gewehre schwingend, Turban tragend,

im Dschihad.

Sie stürmen das Lager, um den Gefangenen zu befreien,

sehen schon den freudenstrahlenden laut jubelnden Offizier,

den weißgardistischen Offizier mit den blinkenden Schulterstücken,

mit blondem Bart und stahlblauen Augen,

stolz, schon fast frei.

 

Da fällt ein Schuss.

Da fällt ein Schuss.

Da brechen die Augen des Offiziers.

Da stürzt er vornüber.

Da sinkt er hin.

 

Der letzte Schuss aus der Pistole der Rotarmistin,

bevor sie unter den Säbelhieben der Basmatschen

verblutend ins Wasser rollt.

Am Lagerfeuer.

Am Baikal.

Oh herrlicher Baikal, oh herrliches Meer.

 

Unter Verwendung der Novelle "Der letzte Schuss" des ukrainischen Schriftstellers Boris Lawrenjow (1891 - 1959)

 

(14.1.2006)

 

Juni 2016

 
Hans Krech
 
Victoria Coach Station
 
Vor dem Continental Departure Check-in am Gate 19
ewig anstehen in einer der beiden langen Warteschlangen.
Dann eine Stunde chillen am Gate 16,
als ein Molekül des pulsierenden Stromes
von zehntausend Menschen aus aller Welt,
der alle Winkel des Busbahnhofes belebt.
Geduldig, erwartungsfroh, ausdauernd
an diesem Sonntagabend beobachtend
die ununterbrochene Abfahrt der bunten Fernbusse.
Dann mein Doppeldecker-"Megabus" mit dem Ziel Köln über Dover,
mit der Fähre nach Calais nach Mitternacht,
im Morgengrauen dann Gent und Brüssel.
 
Oben im "Megabus" sitzend,
rollen wir nach 21 Uhr aus der gigantischen Halle hinaus in die Londoner Nacht,
sehe ich die Glitzerstadt vorbeigleiten,
die niemals schließenden Shops, 
den kaum nachlassenden Autoverkehr,
nur langsam und widerwillig loslassend den Goldenen Halbmond aus Sand,
meine Erinnerungen hinausschmuggelnd durch die Zollabfertigung in Dover,
unter den alles erahnenden wachsamen Blicken der englischen Zöllner und dem verstehenden müden Nicken der französischen Polizisten einige Schritte weiter.
 
Erst nach 2:45 Uhr fährt der Bus auf die Fähre "Pride of Canterbury",
parkt dann auf Deck 5 zusammen mit zwanzig weiteren Bussen.
Auf allen Gängen und Treppen schlafende Passagiere und spielende Kinder,
hinter den riesigen Panoramaglasscheiben ganz nah die Wellen des Kanals,
dahinter eine lichtschluckende unheimliche schwarze Kulisse.
In meinem Herzen haben sich Erinnerungen festgekrallt,
die schöne große Blondine in der Wartereihe am Gate vor mir,
der schwarzafrikanische Beamte am Self-Luggage,
der massige gebeugte Rücken von Churchill vor Big Ben,
der Cappuccino in dem kleinen Billig-Cafe auf Trafalgar Square
und mein Blick hinauf zum stolzen Admiral
hoch oben auf seiner Siegessäule im Londoner Regen.
Victoria Coach Station.
 
(Nacht vom 26./27.7.2015 unterwegs in Großbritannien, Frankreich, Belgien und Deutschland) 
 

Mai 2016

 

Hans Krech

 

Meer-Liebe

 

Die Farbe der Liebe ist Türkis

mit Schattierungen in Hellblau

und Dunkelgrün,

windbewegt, sonnengeküsst,

gesichert durch zwei Patrolboats

der Royal Navy in Sichtweite des Strandes.

 

Meine meergeborenen Wünsche

wandern auf unendlichen Wellenautobahnen

in Richtung Atlantik.

 

(Bournemouth, Boscombe Pier, 21 July 2015)

 

April 2016

 

Hans Krech

 

Triptychon Ode an die Freiheit

 

Gewidmet den Opfern der Terroranschläge in Brussels am 22.3.2016

 

I. Linker Flügel: Europäische Union - ein anderes Wort für Demokratie, soziale Sicherheit und wirtschaftlichen Aufstieg

 

Die blaue Insel der Glückseligen

im brandenden Ozean unserer Welt

wird von 28 goldenen Sternen überstrahlt.

Der Sehnsuchtsort für dreiviertel der Weltbevölkerung.

Die Freiheit wirft immer ein helles Licht.

 

II. Rechter Flügel: NATO - ein anderes Wort für Frieden

 

Blau ist der Kompass der Freiheit,

der Magnetpol der globalen Friedensbewegung.

Kein Frieden ohne Freiheit - 

Ein Motto, eine Warnung, ein Gesetz.

 

III. Haupttafel: Brussels - die Hauptstadt der Freiheit

 

Liebenswert, vielsprachig, bodenständig und multikulturell

ist das neue Rom,

wo alle europäischen Straßen und politischen Konzepte hinführen - 

Housing the heart of Europe.

 

Sockel der Haupttafel: Geschrieben bei einem Besuch im Hauptquartier der NATO und im Europäischen Parlament am 4.12.2015 in Brussels.

 

März 2016

 

Hans Krech

 

Orkan "Niklas"

 

Frühlingssturm heult um das Haus,

biegt die dreissig Meter hohen Fichten im Garten

wie gespannte Flitzebögen herum.

Dichter kalter Winterrestregen klatscht an die Fensterscheiben.

 

Aus den schwarzgrauen Wolken

sinkt ein fabrikneuer Airbus

im Landeanflug auf Finkenwerder herab,

unwirklich nah,

von heftigen Windböen hin- und hergeschaukelt,

wie ein flatternder Vogel.

 

(Hamburg, 31.3.2015, 17:30 Uhr)

 

Februar 2016

 

Hans Krech

 

Reunion

 

Hoch türmte der Ärmelkanal seine Wellen,

die sich freudig mit weißem Lachen überschlugen,

als ich sein Reich nach zweijähriger Abwesenheit betrat - 

den Goldenen Halbmond aus Sand

zwischen der Isle of Wight und Poole.

 

Sehnsuchtstränen aus grauen tief hängenden Wolken

fielen auf mich herab.

Kalter Wind koste mich frohlockend:

Back on the beach.

 

(Bournemouth, 21 July 2015)

 

Januar 2016

 

Hans Krech

 

Travelling home from Christmas

 

Im sanften Sinkflug landet die Dämmerung auf der Autobahn,

deckt alle bunten Farben mit ihrer grauschwarzen Schlafdecke ab,

herrschend über mit Rouladen und Stolle gefüllte schwere Bäuche

und geschenkesatte Seelen.

Die monotonen Bässe der Motoren des Postbusses

werden überlagert vom Coldplay-Gottesdienst in den Kopfhörern,

dem göttlichen Funken am Ausgang des Jahres.

"Viva la vida".

 

(26.12.2015, Rückfahrt von Halle/S. nach Hamburg mit dem Postbus)

 

Dezember 2015

 

Hans Krech

 

Triptychon mit Deutschland-Flagge

 

I. Linker Flügel: Die Nacht vor dem Fest, 2. Oktober 2015, Hotel "Angel", Moselstr., Frankfurt a.M.

 

Zu Füßen der illuminierten Banken-Türme,

die den deutschen Sternenhimmel tragen,

branden zehntausende Bürger vom Hauptbahnhof

zum Festgelände in die Innenstadt.

In der Kaiserstraße beginnt

eine Gegendemonstration linker Chaoten,

begleitet von Hundertschaften schwarz gekleideter Polizisten.

Sirenengeheul ist immer nah.

Ein Polizeihubschrauber kreist über dem Bahnhofsvorplatz.

 

II. Haupttafel: 25. Jahrestag der Deutschen Einheit, Zentraler Festplatz an der Alten Oper, 3. Oktober 2015, 10 Uhr bis 13 Uhr

 

Feiertagswetter umschmeichelt die Alte Oper,

singt die Europa-Hymne über die gelungene Deutsche Einheit,

erinnert an die Helden der friedlichen Revolution

vor mehr als einem Vierteljahrhundert - das Volk!

 

III. Rechter Flügel: Mehr Konfrontation als Einheit, Zentraler Festplatz an der Alten Oper, 3. Oktober 2015, 10 Uhr bis 13 Uhr

 

Linksradikale Giftschlangen speien ihren Hass

in die Bürgerversammlung: "Nie wieder Deutschland!"

Rechtsradikale Nattern züngeln: "Gauck muss weg! Merkel muss weg!

Wiedervereinigung mit Polen!"

Extremistische Plakate, Banner und Flugblätter

beschmutzen die Seele des Festes.

 

Sockel der Haupttafel

 

Die Geschichte sitzt gelassen in der ersten Reihe:

Die Phalanx der mutigen Bürgerrechtler,

Hans-Dietrich Genscher - der Architekt der Einheit

und die 28 Mitgliedsstaaten in unserem

wunderbaren vereinigten Europa.

 

(Frankfurt a.M., 2./3.10.2015)

 

November 2015

 

Hans Krech

 

Mars attack

 

Über das sonnengerötete tiefgefurchte Gesicht

des kleinen kalten Bruders unserer Erde

rinnen salzige Schweißtränen.

 

In einem Sandsturm verborgen

schürt er das Feuer des Krieges in der Levante

und im Zweistromland,

pfeift durch die Ruinen der ermordeten Städte

und treibt Millionen verzweifelter Menschen

in die Flucht

über das menschenverschlingende Mittelmeer

ins goldglänzende stöhnende Europa.

 

(geschrieben am 29.9.2015 gegen 8:50 Uhr im HKX von Hamburg nach Köln)

 

Oktober 2015

 

Hans Krech

 

Wir sind das Volk

Das Glaubensbekenntnis der Bürgerrechtler

 

Wir kommen vom Anfang der Zeit,

kämpfend für die Freiheit der Menschheit.

Geboren von der Mutter Sonne

aus dem Himmelsblau.

Unsere Geburtsnamen sind:

Stahl, Adler, Tiger, Wolf.

 

Lebend in den Herzen des arbeitenden Volkes.

Gequält, geschlagen, unterdrückt

durch die Jahrtausende.

 

Lebend in den Träumen aller Menschen

jede Nacht, in jedem Land, in jedem Haus.

Als die letzte Hoffnung auf unserer Erde

für soziale Gerechtigkeit,

Freiheit und die Ausrottung aller Kriege.

Die einzige Hoffnung.

 

September 2015

 

Hans Krech

 

Die Ritter der Tafelrunde

 

Rund ist der Tisch,

an dem sich die Minister,

Berater und engsten Freunde

des Präsidenten

versammeln,

um den offenen Ausbruch des Dritten Weltkrieges

durch die Cuba-Krise zu verhindern.

 

JFK´s tableround.

 

(Winchester, 25.7.2015)

 

August 2015

 

Hans Krech

 

Bath Abbey

 

Eine magische Stimmung steigt auf

aus dem ockergelben Sandstein,

der sich zu gotischen Giebelfenstern biegt,

die wuchtige Kulisse bildend

für den Ort,

an dem England ein Staat wurde.

 

Zusammengefügt

aus den Ruinen des Römischen Imperiums,

den vom never-give-up-König Alfred

vereinigten sächsischen Königreichen

und der Meerliebe, dem Wagemut und dem Geschäftssinn

der Wikinger.

 

Eine mächtige Verbindung

von herausragenden Eigenschaften

einer aufsteigenden neuen Nation,

durchwoben mit der keltischen Arthus-Legende,

dem alles zum Leben erweckenden Zauberspruch Merlins

aus einer Welt voller Höflichkeit und Ritterlichkeit.

 

Das alles hineingeschmiedet

in die goldene Krone,

die Edgar 973 in Bath Abbey kniend empfing.

 

Nie wieder kniete danach ein englischer König,

der noch sein Schwert führen konnte.

 

(Bath, 25.7.2015)

 

Juli 2015

 

Hans Krech

 

Tor!

 

Weißer Nachtnebel

wird aus den mecklenburgischen Wiesenporen gedrückt,

steigt auf,

kriecht auf das grauschwarze Asphaltband der Autobahn

auf dem ein leuchtend grüner "MeinFernbus"

gerade die Schwelle zur Nacht überrollt.

 

Regen klatscht an die Frontscheibe,

Sturm stupst den Bus übermütig an, der leicht wankt,

in dem dreißig Hamburger von Berlin-Alexanderplatz

auf dem Weg zum ZOB am Hamburger Hauptbahnhof reisen,

gebannt der Live-Radioübertragung lauschend,

die die monotonen Motorengeräusche des Busses überlagert.

 

Dann das Tor kurz vor Spielende, endlich,

das im Relegationsspiel des HSV im Volkspark-Stadion

dem Dino das Leben rettet,

vorerst, hoffentlich,

jedenfalls bis zum Rückspiel am Montag.

Ein spontaner Jubelschrei der Fahrgäste entlädt sich wie ein Blitz:

"Wir sind alle Hamburger Jungs!"

 

("MeinFernbus" Linie 070 am 28.5.2015 18:50 Uhr - 22:20 Uhr von Berlin-Alexanderplatz zum ZOB am Hamburger Hauptbahnhof)

 

Juni 2015

 

Hans Krech

 

Born to run II

 

Rosa Blütenteppich schwimmt auf kalten Pfützen,

eisiger Morgenregen perlt vom Maigrün,

weiße, rote, gelbe Tulpen, blaue Narzissen

am linken Rand meiner Sprintstrecke in der Reventlowstraße,

60 Meter, auf denen ich mich in den Morgen katapultiere,

in den grauen Sonntagshimmel,

den Ball immer am linken Fuß,

ein Sprint in die göttliche Dimension der menschlichen Existenz,

das Leistungsmaximum

von Lunge, Herz, Muskeln, Beinen und stählernem Willen

vereinend in einem Sieben-Sekunden-Vulkanausbruch-Finish.

 

Und dann schreie ich meinen Triumph über Othmarschen,

über die Elbe, über den Hafen, über die Stadt!

 

Und dann brülle ich meinen Sieg in die Herzen der Hamburger,

in dein Herz, wo er weiterlebt, in dir glimmt

und an manchen trüben Tagen auflodert,

der Schrei, der Siegschrei!

Und dann wirst du deine Laufschuhe herausholen,

Hamburgs kühle Seeluft in deine Lungen pumpen

und du wirst laufen,

laufen bis ans Ende deiner Zeit.

 

Willkommen Schwester! Willkommen Bruder!

Unser gemeinsamer Weg ist noch lang!

Born to run!

 

(Hamburg, 10.5.2015)

 

Mai 2015

 

Hans Krech

 

Kreuzritter

 

Ich war auf Kreuzzug.

Das bekenne ich. Stolz.

Mit Ronald Reagan

in dunkler Nacht hinterm Eisernen Vorhang,

der teilte Ost und West,

KZ und Gleichgültigkeit.

 

Kein Gott! Nirgends!

 

(Hamburg, 5.5.2002)

 

April 2015

 

Hans Krech

 

Venus im Park

 

    Für Vanessa

 

Im grünen Herzen des Parks,

wo alle Wege beginnen und enden,

ein kühler Brunnen entspringt

aus tiefem Gestein,

Lerchen und Amseln singen

und nachts der Uhu streicht

von uralten Buchen und Eichen,

da steht marmorblass und bloss

eine schöne Frau.

 

Seit Jahrhunderten

wird ihr wunderbarer Körper gebadet vom Sommerregen,

beleuchtet mit Blitzen und Vollmondliedern,

gekleidet mit Dezemberschnee.

Ein Diadem aus Moosstückchen im langen Haar.

Liebespaare geben sich zu ihren Füßen

den ersten Kuss.

Und milde lächelt die Schöne vom Sockel ihres Ruhms.

 

(Hamburg, 5.5.2011)

 

März 2015

 

Hans Krech

 

Villa Heine

 

Die märzkühle Morgensonne

ist die Strahlenkrone

über der weißen Villa am Elbufer,

in der aus dem kalten Herzen der schönen Amalie

und der abgrundtiefen Verzweiflung des jungen Dichters

das "Buch der Lieder" geboren wurde,

die Bibel aller Liebenden.

 

(Hamburg, Villa Heine, 2.3.2014)

 

Februar 2015

 

Hans Krech

 

Extremsportler

 

Im Zwielicht von Teufelsbrück

auf dem Elbuferweg in Richtung Altonaer Hafen laufen,

mitten hinein in die alpengroß auf Hafen und Stadt

lümmelnde rote Morgensonne,

die langsam aufwacht, sich streckt und gähnt,

heller wird, fast weiß,

und ihren Walkürenritt über das Himmelszelt beginnt.

Und ich bin mittendrin, laufend, schreiend vor Glück,

Kilometer fressend:

 

48.500 km mit Ball gelaufen,

467 Tore in fünf Stunden erzielt.

1.000 Situps in 50 Minuten.

13.250 Liegestütze im Jahr.

 

Und zur Belohnung gibt es:

Wasser, Müsli,

Nudeln und Protein-Shake.

 

(Hamburg, 28.4.2013)

 

Januar 2015

 

Hans Krech

 

Trafalgar Square

 

Himmelhoch, entrückt in die Sphären des Pantheons,

thront Admiral Horatio Nelson über Trafalgar Square,

wo alle Straßen Londons sich in einem roundabout treffen

und Millionen Autos und tausende roter Doppeldeckerbusse

ihn täglich umkurven,

eine nie endende Parade einer dankbaren Nation,

ehrend ihren größten Seehelden.

Und der Admiral,

der seine entscheidende Schlacht gewann

und sein Leben dabei verlor,

blickt forsch in Richtung Westminster.

Seine Botschaft ist knapp: "Sieg!"

 

(London, 20 July 2013)

 

Dezember 2014

 

Hans Krech

 

Sledge Hammer

 

Niedergedrückt von den verlorenen Siegen

der vergangenen zwölf Monate,

empfange ich auf den Knien

die Verheißungen des neuen Jahres:

seinen Reichtum, seine Gesundheit,

sein Glück, seine Küsse,

seine schönen Mädchen.

 

Dann stehe ich auf

und schmiede das Jahr

nach meinem Willen.

 

(Hamburg, 1.1.2014)

 

November 2014

 

Hans Krech

 

Als ich fortging

 

Als ich fortging,

war das Land grau vom Kohlenruß auf allen Häusern,

die Dächer waren löchrig

und der Regen lebte in den Wohnungen der Bürger.

Die Flüsse waren durch Chemieabwässer ermordet worden

die zwanzig Zentimeter hohe giftige Schaumberge bildeten.

 

Als ich fortging,

waren die Kasernen überfüllt mit sowjetischen Kolonialsoldaten,

über die Felder wurden Panzerstraßen in Richtung Westen gebaut.

Ich kannte viele der Gesichter der Stasi-Agenten,

die mich rund-um-die-Uhr auf Schritt und Tritt begleiteten.

 

Als ich fortging,

war ich ein stolzer schwarzer Bürgerrechtler mit einem Ersatzausweis,

seit Jahren arbeitslos, gedemütigt, überwacht,

mit einer unerbittlichen Freiheitssehnsucht im Herzen.

Die Freiheit wirft immer ein helles Licht!

 

Als ich fortging, starb das Land.

 

(Das Lied "Als ich fortging" der Gruppe Karussell aus dem Jahr 1987 war die heimliche Hymne der Ausreisebewegung in der Endphase der DDR.

geschrieben am Tag der Europa-Wahl, 25.5.2014)

 

Oktober 2014

 

Hans Krech

 

L´ete Indien

 

Goldener Zauberstrahl der Spätherbstsonne

auf Milliarden fallender Blätter,

kunterbuntes Tagebuch eines großen Sommers,

geheimnisvoll umhüllt von zarten Spinnweben,

in denen der Abendnebel rastet.

 

(Hamburg, 13.10.2013, gegen 18 Uhr)

 

September 2014

 

Hans Krech

 

Farewell

 

Lebt wohl goldener Halbmond aus Sand

und die Unendlichkeit

der türkisgrünen Wellen des Ärmelkanals.

Die weißen Kreidefelsen

der Isle of Whight winken mir

Abschied nehmend hinterher.

 

 

(Bournemouth, 10.8.2013)

 

August 2014

 

Hans Krech

 

Sommer - Urlaub

 

Grauer Himmel, greifbar nah,

Hand in Hand

mit dunkelgrünen Wogen

auf deren Brechern begeisterte Surfer dahinjagen,

jubilierend über diesen einen Tag,

an dem der Sommer am Kanal

Urlaub genommen hat.

 

Auf der Isle of Whight

liegt eine Wolkentarnkappe.

Leer ist der goldene Halbmond aus Sand.

Leer sind die Tische im "The Overstrand".

Die Ice Cream-Shops sind geschlossen,

die bunten Badehäuschen verrammelt.

Die Life Guards tragen dicke rote Overalls

und schauen durch dunkle Sonnenbrillen ins Nichts.

 

Warten auf Bournemouth D-Day:

Die Rückkehr des Sommers

und die Invasion der Badegäste.

 

(Bournemouth, Boscombe Pier, 31.7.2013) 

 

Juli 2014

 

Hans Krech

 

Bournemouth Heat

 

Eine aus dem Cyberspace gefallene Mondsichel in 3D

aus endlosen Sandstränden,

verfestigt durch weiße Kreidefelsen,

sich empfängnisbereit öffnend hin zum Ärmelkanal,

gestreichelt von sanften Wellen,

aufgeheizt von einhundert Milliarden Sonnenstrahlen,

gebärend den heißesten Sommer seit Menschengedenken.

 

(Bournemouth, Boscombe Pier 19 July 2013)

 

Juni 2014

 

Hans Krech

 

Roots of England

 

   Dedicated to "The first king and founder of the nation"

   Alfred the Great, King of Wessex (848 or 849 - 899)

 

Alles auf dieser Welt

hat einen Anfang und ein Ende.

Englands Entbindungsstation ist Winchester.

Stolz ist der Blick König Alfreds

geradeaus gerichtet,

wartend auf die nächste Schlacht,

die er vielleicht wieder nicht gewinnen wird.

Doch er kämpft,

unermüdlich und unerbittlich,

reißt so

die anderen sächsischen Königreiche mit sich,

bildet einen ersten Staatenbund,

aus dem England erwachsen wird.

 

(Winchester, 8 August 2013)

 

Mai 2014

 

Hans Krech

 

Cromwells Entrance

    

               Für Oliver Cromwell

 

Eine Warnung an alle Regierenden

sich an Recht und Gesetz zu halten

und immer für das Wohl des Volkes zu wirken

ist Cromwells Entrance in Westminster.

 

Die Old Ironsides

leben im Volk weiter.

Ihre Schwerter rosten nie.

 

(Bournemouth, 4.8.2013)

 

April 2014

 

Hans Krech

 

Gebet

 

"Oh Herr, mein Gott, warum hast du mich verlassen!",

schreit der Gekreuzigte auf Golgatha,

wimmert das verhungernde Kind im somalischen Baidoa,

röchelt der von einer russischen Mine zerfetzte UNITA-Kämpfer in Angola,

weint der in einem chinesischen Gefängnis angekettete Bürgerrechtler,

betet der afghanische Mudjahedin.

 

(5.5.2002)

 

März 2014

 

Hans Krech

 

Born to run

 

Der Rhythmus der Wellen ist in mir,

die Stetigkeit des Windes,

das Feuer aus dem Innern der Erde,

die Energie der Mutter Sonne.

 

In einem früheren Leben

war ich ein Husky,

unermüdlich rennend

auf endlosen Schneepisten

in Alaskas Eiswüsten,

born to run.

 

(Bournemouth, Beach, 31.7.2013) 

 

Februar 2014

 

Hans Krech

 

Traitors Gate

  

      Für Sir Thomas More

 

Angeklagt und verhaftet in Westminster,

im Boot die Themse hinauf gerudert,

durch Traitors Gate in den Tower gebracht,

ohne Hoffnung auf Rückkehr.

 

Nach wochenlangen Verhören

wird der zerbrochene Körper

auf den Tower Hill geführt

und die Seele abgehackt.

 

Doch der große Traum des Thomas More

lebt weiter in der "Utopia",

der Traum

von einer gerechten Gesellschaft freier Bürger,

die kommen wird am Ende aller Zeit.

 

(Tower of London, 3.8.2013)

 

Januar 2014

 

Hans Krech

 

Lionheart

 

   Für König Richard Lionheart

   (1157 - 1199)

 

Niemals aufgeben,

immer in der ersten Reihe kämpfen,

jede Gefahr bestehen,

immer der Klügste und der Stärkste sein,

das Herz eines Löwen in der Brust tragend.

 

(Bournemouth, 4.8.2013)

 

Dezember 2013

 

Hans Krech

 

Globales Denken

 

         Für Winston Churchill

 

Ratsuchend Auge in Auge

mit Winston Churchill:

 

Die im Ersten Weltkrieg mit Öl befeuerte Royal Navy

ist darin zu sehen,

die liberalen Sozialgesetze der 1920er Jahre,

War Rooms und viele Bomber,

D-Day und "Overlord",

die Fulton-Rede von 1946,

in der er den Kalten Krieg ausrief,

als erster westlicher Politiker warnend

vor den Welteroberungsplänen

der kommunistischen Sowjetunion.

 

Sein Rat an mich lautet:

"Keep calm

and carry on."

 

(London, 20.7.2013)

 

November 2013

 

Hans Krech

 

TRANSFORMATION

 

Novembergrau

getupft mit fahlgelben Blättern,

kalte Nebelschwaden

in dunklen Morgen gebärend,

die träge auf dem Land liegen.

Noch Herbst und fast schon Winter.

 

(16.11.2012)

 

Oktober 2013

 

Hans Krech

 

Die Erfindung der Zeit

 

Einhundert Generationen von Druiden

beobachteten die Wanderungen

von Sonne und Mond am Firmament

im Zusammenhang

mit der Sommer- und der Wintersonnenwende.

Sie entdeckten das Jahr

und erfanden die Zeit.

 

Und dann

verschlossen sie ihr Wissen

in magischen Kreisen gewaltiger Steinblöcke

mit ihren schauerlichsten Zaubersprüchen

für weitere einhundert Generationen.

Wissen ist Macht!

 

(Stonehenge, 25.7.2013)

 

September 2013

 

Hans Krech

 

Searching the end of the world

 

         In memory of Captain James Cook

         (1728 - 1779)

 

HMS Resolution is sailing

searching the end of the world

thousands of seamiles through unknown waters

in the Southern Pacific,

endless, without frontiers,

discovering new islands, peoples

and continents.

 

Sailing now into deep space,

searching the end of the universe

billions of lightyears from Earth,

Captain James Cook is teaching us again.

 

(written on 20 July 2013, Memorial James Cook, The Mall, London)



August 2013

 

Hans Krech

 

Wiedersehen

 

für Heike

 

tausende menschen auf dem boulevard

graue wolken darüber geschoben

lauernde sonnenstrahlen durchdringen den dunst

in der ferne zucken blitze, rollt der donner

dann

als erste regentropfen zerstäuben auf aalglatten schaufensterscheiben

ein meer von schirmen sich entfaltet zur bunten pracht

passanten in geschäfte flüchten

kinder über pfützen springen

da ist mir´s, als ob ich dich sehen würde

strahlend blond dein haar

leuchtend blau die augen - so sehe ich dich

die einst geliebte

und wir grüßen uns nickend im warmen sommerregen

und wir gehen stumm aneinander vorbei

 

(Halle, August 1977)

 

Juli 2013

 

Hans Krech

 

Maria

 

Atmend die Luft des Erwachsenwerdens

Spürend die wachsende Kraft, den Übermut der Jugend

Lernend am Francke-Gymnasium Mathe, Goethe und Newton

Liebend das erste Mädchen des Lebens

Maria.

 

Liebend schwarze Augen voller Neugier und Fragen

Liebend schwarze lange Haare im Pferdeschwanz gebändigt

Liebend feste Hände in den Meinen

Liebend knospende Brüste

Maria, Maria.

 

Ein vierzehnjähriges Mädchen,

das niemals schöner sein wird als in jenem Moment

des ersten Kusses in einer kalten Frühlingsnacht

unter einem Straßenbäumchen in der südlichen Leninallee,

so fern, so nah, so allgegenwärtig,

mit sanftem Ziehen in meinem Herzen, heute immer noch.

Maria, Maria, Maria.

 

(2.4.2000, Immenbusch 9, Hamburg)

 



Juni 2013

 

Hans Krech

 

Sylt

 

Windsurferwellen,

trübe vom aufgewirbelten Sand,

belagern die Insel,

die zu ihrer Verteidigung aufgeboten hat:

 

am Strand eifrig schippende Kinder,

verbissen Ball spielende Jungs,

ausdauernd badende Familien,

das junge Mädchen mit knospenden Brüsten,

das sich vor meinen Augen umzieht,

blauweiße Strandkörbe zuhauf,

die mich beobachtende hungrige Möwe,

aufmerksame Bademeister auf ihren Wachtürmen.

 

(Sylt, 29.7.2012, 15.00 Uhr)



 

Mai 2013

 

Hans Krech

 

Sehnsucht nach Sylt

 

Im sonntäglichen Morgengrauen in Altona

in die NOB in Richtung Norden steigen.

Im Waggon schöne partysatte blonde Mädchen,

die die ganze Nacht in Hamburg durchtanzt haben,

in sich noch den Lichterglanz der Metropole

und sehr viel Wodka mit einem Schuss Cola.

 

Fahren durch grünes flaches Land,

grüner, als alle Vorstellungen von grün,

flacher, als alle Vorstellungen von flach,

dazwischen Kanäle und Flüsschen

und der Nord-Ostsee-Kanal

als Wegscheide zwischen

Festland und Küstenland.

 

Endlich die See

beiderseits des Hindenburg-Damms,

noch gezähmt und gesittet.

Dann der Bahnhof Westerland.

Davor Sturmriesen.

Darüber schreiende Möwen

und der Sirenenduft des Meeres,

der auch manchmal über Hamburg liegt.

Dieser Duft nach Sand, salzigen Wellen,

Algen, Muscheln, Schweinswalen in Strandesnähe,

dieser Duft von Fischbrötchen und Cappuccino

und Bier und Eiscafe

und Sonnencreme und nassen Badesachen.

 

Nordseewellen,

die heranwandern von der gegenüberliegenden

englischen Küste,

beäugt von Katzenhaien, Krabben, Millionen Heringen,

Ölplattformen und Windparks.

 

Da draußen bin ich geboren,

irgendwo in den Untiefen der Nordsee,

als Robbe, als Schweinswal vielleicht,

in einem anderen Leben,

das immer noch in mir ist

und mich ruft in Tag- und in Nachtträumen:

Sehnsucht nach Sylt.

 

(18.4.2013)

 

April 2013

 

Hans Krech

 

St. Georg on Crossroads

 

Sie lag noch nie unten,

Amerikas berühmteste Jungfrau.

Die Welt zittert mit ihr,

dass es bald geschieht.

 

Tanzend die goldene Jungfrau in der Color Line Arena

mit wogendem Marilyn-Busen

in der Laser-Zauber-Show der Onyx-Hotel-Tour.

Kreischende Mädchenhorden, trampelnd mit den Füßen

als imperialistischer Schutzwall davor.

 

Gespalten ihr Schoß

vom Lanzenstoß des Ritters

auf der Suche nach dem Heiligen Gral.

Aufgebrochen von König Arthurs Hof

zu beenden der Menschheit Qual.

 

Ihr erster Frauenschrei wuchs an zum Gebet:

"Oups, do it again!"

Während er, der jede Herausforderung besteht,

erhebend sein vom Volk mit Lorbeer umkränztes Haupt,

in güldener Rüstung entschlossen ostwärts schaut.

 

Der Winterschlacht

im fernen Sibirien entgegen.

Zu töten den letzten mandschurischen Drachen.

 

Onyx Hotel Tour von Britney Spears

15.5.2004, Color Line Arena in Hamburg

 

März 2013

 

Hans Krech

 

Ich weinte

 

Ich weinte

im UCI-Kino in Hamburg-Othmarschen

im Herzschlag vereint mit Muhammad Ali

als Malcolm X erschossen wurde.

 

Seitdem weinte ich niemals wieder.

 

(31.3.2007)

 

Februar 2013

 

Hans Krech

 

Venezianische Masken

 

Bunte Katzen- und Vogelmasken,

das halbe Gesicht bedeckend,

umtanzen mich

in einer Pizzeria gegenüber dem Hotel Eden.

Die Masken, die Napoleon verbot,

um die Revolution zu verhindern.

 

Ich reihe mich ein in den Reigen

der Narren und der Revolutionäre.

 

(Venezia 16.11.2012)

 

Januar 2013

 

Hans Krech

 

Marco Polo

 

Einer meiner Lehrer

wurde 1254 im venezianischen Cannaregio geboren.

Ich kenne ihn seit Jahrhunderten.

Er lehrte mich das Reisen auf der Seidenstraße

von Europa

über das Dach der Welt

hin zum Pazifik.

 

(Venezia - Cannaregio 2357, 16.11.2012)

 

Dezember 2012

 

 

Hans Krech

 

La Bella oder Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

 

Alpenhoch sind deine Brüste,

deren tiefes Tal ich am Brenner durchquerte.

Dein marmorner Körper wurde eintausend Jahre lang modelliert

von Generationen römischer Bildhauer.

Das Aqua alta deines Schoßes stillt meine Sehnsucht.

Dein Po ist eine Landschaft.

Auf deinen sizilianischen High Heels steht Europa.

Tizianrot sind deine Lippen,

Geliebte,

die ich küsse auf der Piazza San Marco.

Einen goldenen Ring werfe ich in die Lagune,

mich mit dir verlobend,

als der Doge deines Herzens.

 

(17.11.2012 Cafe Florian, Piazza San Marco, Venezia)



 

 

November 2012

 

Hans Krech

 

Skagerrak

 

Die Weißlichtsonne hat ihre Segel gesetzt,

Wolken gebläht vom Nordseesturm

treiben über eine hellblaue Leinwand

nordwärts über den Skagerrak,

norwegische Fjorde mit dänischen Inseln verbindend.

 

Schwarzgrün ist die ozeanische Landstraße

hin zur am Rande der Weltmeere wartenden Ostsee.

Nach salzigem Atlantikwasser ruft sie,

nach Orkanen, die sie umpflügen,

nach Schweinswalen und Robben

und Heringen und Schiffen,

die auf ihren Wellen Rock´n Roll tanzen.

 

Skagerrak - das seit 1990 offene Tor

der Ostsee zur Welt.

Stürmische Zeiten,

damals wie heute.

 

(30.6.2012 18.30 Uhr bei Sturm auf dem Heck der "Color Magic" im Skagerrak)



 

Oktober 2012

 

Hans Krech

 

Morgensonne

 

Kühle Frische im Park.

Die Luft schmeckt nach gemähtem Rasen.

Wassertropfen des nächtlichen Regens

verdampfen auf den Blättern der Kastanienbäume.

Schwarze Kaiser reiten

um das in weißem Marmor schimmernde Denkmal Mozarts herum.

Morgensonne im Hofburggarten.

 

(Wien, 7.9.2012, 7.00 Uhr im Garten der Hofburg)

 

September 2012

 

Hans Krech

 

Cuba libre

 

Tschetscheniengrün ist

die Saragossasee

am Tag unserer Ankunft

in der Sierra Maestra.

 

 

August 2012

 

Hans Krech

 

Tortuga

 

Für Charlotte

 

Wind in den Segeln,

Gischt springt am Bug,

Steuermann schreit,

Kanonen bellen,

Affe lacht,

Smutje hinkt.

Käptn befiehlt der Geisel:

"Zeit zum Aussteigen, schönes Mädchen!

Heute Abend speist du nackt mit der Mannschaft!"

 

Juli 2012

 

Hans Krech

 

Achilles

 

Halb Gott, halb Mensch

und doch sterblich,

Sieger über Hector vor den Toren Trojas

im ersten welthistorischen Zweikampf

in der Geschichte unseres Kontinents,

liegt Achilles seit 3300 Jahren

zu Füßen des Ida-Gebirges

in seinem Grab am Gestade der Ägäis,

wo unser Europa geboren wurde.

 

The best warrior ever born.

 

Und die größten Könige und Helden

beteten seitdem an dem Grab,

hoffend auf seinen Ruhm.

 

(3.4.2012 Troja) 

 

  

Juni 2012

 

Hans Krech

 

Wo Weltfrieden gelehrt wird

 

           Für General Henning von Tresckow

 

Ein Bein in Blankenese,

ein Bein in Osdorf,

steht die "Kleine UNO"

in den Elbvororten -

die Führungsakademie der Bundeswehr.

 

Grauberockt,

silber- und goldbetresst,

abhörsicher,

hinter hohen Metallzäunen versteckt.

 

Vielsprachiges Babylon,

multikulturell wie New York,

mit den spannendsten nicht-öffentlichen Hörsälen

des ganzen Landes.

Wo Weltfrieden gelehrt wird.

 

 

Mai 2012

 

Hans Krech

 

Helgoland

 

Die See in der Deutschen Bucht ist so grau

wie die tief hängenden Wolkenmeere

die am Horizont zu Nordseegrau miteinander verschmelzen.

Kalte Wellen unten und oben,

umhüllend den Katamaran "Halunder Jet",

der mit 36 Knoten nordwärts prescht,

der Hochseeinsel Helgoland entgegen.

In mir U-Boots-Stille und ein Periskop-Rundumblick

auf Lachsbrötchen und Cappuccino.

 

Rote hohe Kalksteinfelsen trotzend der graublauen See,

von grünem kurzgeschorenem Rasen überzogen,

umkränzt von weißen Sandstränden.

Tausende Touristen dicht gedrängt auf dem kleinen Rundweg,

der mit roten Klinkern befestigt

alle zwanzig Meter am Wegesrand stolz eine Schautafel vorweist.

Hunderte Duty-Free-Shops und Fischrestaurants Schulter an Schulter,

im Hafen ein Dutzend Ausflugsdampfer aus Hamburg und Bremen.

 

Unser 1990 wiedervereinigtes Deutschland wurde hier

1841 in den Versen Heinrich Hoffmann von Fallerslebens geboren:

"Einigkeit und Recht und Freiheit

für das deutsche Vaterland!"

Das deutsche Freiheitslied haben wir im kommunistischen KZ DDR

heimlich leise gesungen,

unser Schlachtruf im antikommunistischen Widerstandskampf.

"Einigkeit und Recht und Freiheit

für das deutsche Vaterland!"

Das ist Helgoland.

 

 

April 2012

 

Hans Krech

 

Sommerlied im Garten

(Botanischer Garten, Hamburg)

 

Rosenduft überschwemmt den Garten,

schilfgesäumte Teiche mit wegspringenden Fröschlein,

in denen sich das Grau tief hängender Wolken spiegelt

und ein auffrischender Wind verspielt tanzt.

 

Lächelnd öffnen sich tausend mal tausend bunte Blüten

den Pollen sammelnden emsigen Bienen und Hummeln,

sommersonnenprall, lebensfroh und stark,

um das Geheimnis ihrer Schönheit weiterzugeben an das nächste Jahr.

 

(Pfingstmontag, 9.6.2003)

 

März 2012

 

Hans Krech

 

Tiger

 

Graue schaukelnde Elefantenköpfe, die Rüssel bettelnd über die Gräben hinüberstreckend im Elefanten-Haus. In den Freigehegen daneben die jungen Elefanten übend den Alltag des Erwachsenendaseins, mit kleinen schaukelnden Köpfen, bettelnd uns entgegengestreckten Rüsseln, monotoner Rhythmus des sicheren Überlebens in der Arche Noah Hagenbeck.

 

Direkt vor der weißen Frühlingssonne steht ein drei Meter hoher T-Rex, König einer untergegangenen Welt. Sein Schrei, der einst die Welt erzittern ließ, in Stein erstarrt. Zu seinen Füßen die Beute angstvoll versteinert wartend auf den Augenblick, an dem alles weitergeht, die Jagd, der sichere Tod, noch aussehend wie ein Dinosaurier, aber in Wirklichkeit schon warmes dampfendes blutendes Fleisch im T-Rex-Maul.

 

Sibirische Tiger dösend im braunschwarz gestreiftem Kampfanzug in einer Ecke des Geheges liegend, der Theaterkulisse der Taiga, Requisiten, ein Kinderspielplatz. Sobald sie die Augen schließen immer noch in ihren Träumen endlose Wälder, rauschende Baumwipfel, eisiges Quellwasser, schneeüberladene Winter und dann dieser Sprung aus dem Nichts an die Kehle des Hirsches. Dieser Sprung in die Freiheit.

 

Gelb sind die Augen des Kaimans im Troparium, darin ein senkrechter Sehschlitz, die Augen eines deutschen Generals. Solche Augen haben nur wir. Wendig und schnell schwimmt der Kaiman an die Panzerglasscheibe heran, als er mich sieht. Auge in Auge, ein Bann für Sekundenbruchteile, die Panzerglasscheibe durchbrechend.

 

Rosarote Flamingowolke keifend wie alte gehässige Weiber, steht im knöcheltiefen Wasser des großen Sees vor der "Flamingo Lodge", an deren Zelten kalter Frühlingswind zerrt. Derweil ich Scholle mit Kartoffelsalat, Apfelstrudel mit Sahne und Eis und zwei Cappuccino genieße, Mittagsfütterung des Tigers auf zwei Beinen.

 

Karfreitag 2003

 

 

Februar 2012

 

Hans Krech

 

Matchball

 

Australian Open

Rod-Laver-Arena

22. Januar 2012

 

Blaue Augen in Schießscharten

messen die Entfernung zum Ziel aus,

ein magischer Blick, bannend,

brennt tief hinein

in die Seelen von Millionen TV-Zuschauern.

Da lauert eine Löwin,

sprungbereit

mit angespannten Muskeln,

leise fauchend.

 

Dann der Aufschlag der Gegenspielerin.

Gelber Filzball rast über das Netz.

 

Blonder Zopf fliegt.

Rotes Tenniskleid glüht.

Schönes starkes Mädchen springt.

Arm wirbelt mit dem Schläger,

schmettert den Return.

Matchball Caroline Wozniacki.

 

 

Januar 2012

 

Hans Krech

 

OPK "Faust"

 

Genosse Minister,

der Bürger Goethe in Weimar

hat einen Pakt mit dem Teufel

"Kapitalismus" geschlossen,

um den angeblichen Ursprung

allen Lebens zu erforschen.

 

In seinem neuen Machwerk "Faust"

will er sich mit der schönsten Frau

der Welt in Griechenland verbünden,

die Helena heißen soll,

um einen Osterspaziergang zu machen,

der den Sozialismus und das werktätige Volk der DDR

herabwürdigen soll.

 

Genosse Mielke:

Genossen, die Freundschaft zur Sowjetunion,

basierend auf den Lehren der Klassiker Marx, Engels und Lenin

sowie den Beschlüssen des VIII. Parteitages der SED,

ist die Quelle allen Denkens und Lebens.

Goethe verlässt die Positionen des sozialistischen Humanismus,

er wechselt ins Lager der westdeutschen Revanchisten

und der zum Untergang geweihten US-Kriegsverbrecherbande.

Der Weltfrieden ist in Gefahr!

Ich befehle:

Rund-um-die-Uhr-Überwachung.

Wir werden viele Fotos von ihm machen,

oft mit ihm ins Bett gehen,

jeden seiner geheimen Gedanken entschlüsseln.

 

 

 

Dezember 2011

 

Hans Krech

 

Wo Gott Wochenenden enden lässt

 

Heiße Sauerkirschen

über Vanille-Eis und Sahne

auf einer frisch gebackenen Waffel

im Cafe La Casa Del Gelato in Blankenese

zum Whiskey-verstärktem Irish Coffee

einer kalten dunklen sonntäglichen Winternacht.

 

Wo Gott Wochenenden enden lässt.

 

 

 

November 2011

 

Hans Krech

 

Ist ein Oktobermorgen

 

Rauhreif auf vorbeifliegenden Feldern

in der schwarzen kalten Oktobernacht,

der eisige Kuss des das Land ausspähenden Winters

mit den nebelbenetzten Lippen der Norddeutschen Tiefebene

zwischen Hamburg und Berlin.

Darüber die LED-Sichel

des zunehmenden Mondes,

umkränzt von den Hotspots flimmernder Sterne.

 

Und dann überspült die hellblau orangene Morgendünung

die grüner werdenden Wiesen und dunklen Wälder,

mischt sich mit dem schläfrigen Morgennebel,

öffnen sich die noch müden Augen des neuen Tages,

werden stahlblau und klar.

Ist ein Oktobermorgen.

 

(geschrieben während der Bahnfahrt mit dem ICE 703 am 22.10.2011 6.51 Uhr bis 8.48 Uhr von Hamburg-Altona nach Berlin Hbf)

 

Oktober 2011

 

Hans Krech

 

Herbst ist in der Stadt

 

Braunrotschwarzgelbe Kastanienblätter auf allen Wegen,

gekräuselter abgestorbener Sommer,

knirschend unter unseren langen Schritten,

braun glänzende Kastanien gebärend,

aus aufplatzenden Stachelgehäusen.

 

Eine weiße Sonne am azurnen Himmelszelt,

jeden Tag sich um tausend Kilometer von uns entfernend

in unendliche Weiten des Universums,

lockt Sturmfluten vom Norden an,

Regenbelagerungswolken und eisgekühlte Nächte.

 

Schwarzes Elbwasser späht Hamburg aus

mit hochspringenden Wellen,

deren Gischt gierig nach Land lechzt,

hungrig auf Hafen, Docks und Fleete,

Fischmarkt und Elbuferweg fressend.

 

Majestätisch gleitet die "Kuala Lumpur Express" von Hapag Lloyd

elbaufwärts in den Altonaer Hafen,

himmelhoch beladen,

achttausend Container huckepack,

in jedem ein Stück Herbst.

 

(10.10.2010)

 

 

September 2011

 

Hans Krech

 

Flug AB 6583

HAM - CGN 10:30 - 11:30 Uhr

 

Wellen hundert Meter hoch,

zuckerwattensüß und friedlich,

sonnengeküsst

unter den Tragflächen der Boeing 737-700

von airberlin.

 

Der Wolkenozean auf dem

wir turbinengetrieben segeln,

gleichmäßig steigend, gelassen treibend,

einen Cafe und Bio-Chips genießend

von Hamburg-Fuhlsbüttel nach Köln/Bonn.

 

Gestartet und gelandet

im Herbstnebel von Avalon,

der ferne Träume zeugt

und nahe Wünsche erfüllt.

 

(28.10.2010)

 

 

 

 

August 2011

 

Hans Krech

 

Langlauf

 

Eine Million einsamer Runden,

 gehetzt,

   gekeucht,

      geschwitzt,

durch morgenkühle Vororte,

auf schwarzen Asphaltbändern, zerfurchten Feldwegen,

 belächelt,

   verlacht,

      bewundert.

Und du wirst Sieger sein über dich und über deine Gegner!

Schön ist es, hoch oben zu stehen und zu lachen,

mit der Sonne und dem Wind,

nach diesen eine Million Runden.

 

(Quelle: Deutsches Sportecho, Ost-Berlin, 26./27.9.1980, Nr. 190, S. 7) 

 

 

 

Juli 2011

 

Hans Krech

 

A 7

 

Schwarz-weiße Wolkengebirge, alpengroß,

auf himmelblauer Leinwand

über dem grauen doppelten Betonband,

das sich durch norddeutsche Fichtenwälder und Weiden

in Richtung Süden schlängelt.

Alle fünfzig Meter gespickt mit Lastern aus Dänemark.

Gierig Kilometer hinunterschlingende schwarze Audis

auf der linken Überholspur.

Auf der Gegenfahrbahn stauen sich bis zum Horizont

Wochenendurlauber aus Niedersachsen und dem Ruhrgebiet

vor dem Elbtunnel,

der sie ansaugt, verschluckt

und an die verregneten Strände von Nord- und Ostsee hinaus beschleunigt.

 

Das Blut des Landes

von einer Million Automotoren

kraftstrotzend durch die Nord-Süd-Lebensader gepumpt

im Takt des Wirtschaftsaufschwungs.

 

(geschrieben während einer Autofahrt von Hamburg - Othmarschen zum NATO-Truppenübungsplatz Bergen in Niedersachsen am 1.7.2011)

 

 

 

Juni 2011

 

Hans Krech

 

MOONRIVER

 

Mond im Fluss

Zitternd auf den Wellen der Flut,

die von Cuxhaven elbaufwärts drückt,

auch in mein Herz,

das lebt in und mit der Elbe,

deren Adern sich verästeln in mir

im Wechsel der Gezeiten.

 

Krabben in mir, Nordseeluft,

Sturmflutgrollen, Flugsand, Heringe

Und eine Robbe im Hafen meines Körpers.

Immer hungrig.

Wasserliebend, wassergeboren.

Moonriver überschwemmt

Seele und Herz.