Fregatte F 220 "Hamburg" bei der Auslaufparade zum Hafengeburtstag 8. Mai 2010

 

 

 

 

 

 

 

 

 

GEDICHT DES MONATS

 

Ein Gedicht ist eine Sternschnuppe des Alltags.

 

 

September 2024

 

Hans Krech

 

Sonntagmorgen

 

Die ganze Nacht hat es geregnet,

wild trommelten Milliarden Wassertropfen

auf das Dach und die Fensterscheiben,

der monotone laute Rhythmus meiner Tiefschlafträume,

schwimmend im Meer der Hoffnung,

strampelnd nach Luft schnappend,

überlebend.

 

In der Dürer-Straße gurgeln die Gullys

den gefallenen Regen hinab

in den schwarzen Schlund der Kanalisation.

Auf den juligrünen Blätterdickichten der Bäume

glitzern silbrig die Strahlenkundschafter der Morgensonne,

angezogen vom Lockduft frischer Brötchen

aus der Bäckerei "Dat Backhus" in der Waitzstraße.

Sonntagmorgen.

 

(Sonntag, 17.7.2016)

 

 

August 2024

 

Hans Krech

 

Reunion

 

Hoch türmte der Ärmelkanal seine Wellen,

die sich freudig mit weißem Lachen überschlugen,

als ich sein Reich nach zweijähriger Abwesenheit betrat - 

den Goldenen Halbmond aus Sand

zwischen der Isle of Wight und Poole.

 

Sehnsuchtstränen aus grauen tief hängenden Wolken

fielen auf mich herab.

Kalter Wind koste mich frohlockend:

Back on the beach.

 

(Bournemouth, 21 July 2015)

 

Juli 2024

 

Hans Krech

 

Lionheart

 

   Für König Richard Lionheart

   (1157 - 1199)

 

Niemals aufgeben,

immer in der ersten Reihe kämpfen,

jede Gefahr bestehen,

immer der Klügste und der Stärkste sein,

das Herz eines Löwen in der Brust tragend.

 

(geschrieben am 4.8.2013 in Bournemouth)

 

Juni 2024

 

Hans Krech

 

Three Lions

 

Drei Löwen als Wappen auf dem Schild Richards

beim Kreuzzug im Heiligen Land,

wo er als König englischen Heldenstatus

mit seiner Tapferkeit in den Schlachten um Akkon erwarb,

gequält von seinen Dämonen

unzügelbarer Jähzorn und mangelnde politische Befähigung.

 

Dreitausend muslimische Gefangene

in einem Wutanfall in Akkon hinrichten lassend,

weil er mit seinem Verhandlungsgeschick daran scheiterte,

von Sultan Saladin

das 1187 bei Hattin von den Kreuzfahrern verlorene Wahre Kreuz

zurückzuerlangen.

 

Zehn Jahre König von England,

davon nur sechs Monate in der Heimat,

von Gefecht zu Gefecht ziehend,

scheiternd bei der Rückeroberung Jerusalems,

und dann nach seiner Geiselhaft

auf schicksalsschwerem Boden in Frankreich

bis zum letzten Atemzug

kämpfend um sein normannisches Erbe,

mehr Ritter als Staatsmann,

aber so stark, so übermächtig tollkühn,

nie aufgebend,

und bei der Belagerung von Cabrol fallend.

 

Three Lions seit 1198 auch das Staatswappen Englands,

drei goldene Löwen auf rotem Grund,

den Betrachter unverwandt anschauend,

kündend,

umwoben von mittelalerlichen Legenden,

bis in die Gegenwart hinein

die Geschichte vom kriegerischsten aller englischen Könige:

Richard Löwenherz.

 

Mai 2024

 

Hans Krech

 

London is calling

 

Big Ben, die Königin aller Uhren

auf der berühmtesten Turmuhr der Welt

schlägt stündlich,

assistiert von den vier kleineren Viertelstundenglocken.

Der tiefe Ton der Great Bell of Westminster

verkündet eine heilige uralte Botschaft,

die fünfzehn Meilen im Umkreis

in der Londoner City zu hören ist

und die seit 1923

am Beginn der BBC-Radio-News

über die gesamte Welt verbreitet wird.

Seit genau einhundert Jahren.

 

Ein Oratorium,

die Gründungsgeschichte unserer Kultur erzählend,

berichtend vom "Messias",

komponiert von Händel in nur 24 Tagen für die Ewigkeit.

Und dies alles in diesem klaren Bronzebass,

mit gewaltigem Echo aufrüttelnd den Globus,

nach einer Antwort suchend,

jede volle Stunde über den Erdkreis rufend:

Wo ist der Messias?

Wo ist der Erlöser?

Wo ist der Retter?

London is calling!

 

(Cranachstr. , 11.5.2023)

 

April 2024

 

Hans Krech

 

Karfreitag

 

Morgenfrost mattiert mit seinem Raureif

silbrig glänzend die Pfützen auf den Wegen

und die Glasscheiben an den

Wartehäuschen der Bushaltestellen.

Eingefrorene Frühlingsträume,

in die wir noch heute Nachmittag

hineintauen werden,

den Blick dann frei geradeaus

in das aus dem Winterschlaf erwachende Jahr,

zartgrün sprießend,

überschwemmt vom Duft

blauberockter Krokusse.

 

Die Hoffnung ist wiederauferstanden,

sie steht auf kräftigen Beinen,

sie rennt,

sie liebt,

sie siegt!

 

(Hamburg, Cranachstr., Karfreitag, 30.3.2018, 9 Uhr)

 

 

März 2024

 

Hans Krech

 

Let´s go back to the Stars

(Coldplay Live in Sao Paulo, 2018)

 

Aus Sternenstaub geboren,

aus der Eiseskälte in der Tiefe unseres Sonnensystems,

kreisend in der Milchstraße,

genauso wie einhundert Milliarden

weiterer Universen im unendlichen All,

nie allein,

immer beobachtet.

 

Träumend die Menschheit seit Zehntausenden von Jahren

von den Reisen zum Mond, zu Mars und Venus

und dann weit hinaus

in den Kosmos ohne Anfang und Ende,

nicht erfassbar durch den menschlichen Verstand,

weil sterblich, weil endlich, weil vergänglich.

 

Und doch aus Sternenstaub geboren.

Let´ go back to the Stars.

 

Februar 2024

 

Hans Krech

 

Dom Europa

     Für Karl den Großen

 

Sonnenlicht gefiltert durch blaubunte turmhohe Kirchenfenster

bricht sich auf dem mattgoldenen Kaiserschrein

tief im Herzen der Apsis

in dem die Gebeine

unseres Vaters ruhen,

der uns zeugte in Dekaden endloser Feldzüge

aus dem Blut der tapferen sächsischen Krieger,

den gefällten heiligen Eichen,

den erbarmungslosen Intrigen seiner Ahnen

zur Eroberung des Thrones der Merowinger.

 

All dies uns als Erblast

mitgebend durch zwölf dunkle Jahrhunderte,

manchmal den Traum eines geeinten friedlichen Europas

in der fernen Morgenröte erahnend

am Ende der alten Zeit.

 

(Dom zu Aachen, 21.4.2015)

 

 

Januar 2024

 

Hans Krech

 

Sledge Hammer

 

Niedergedrückt

von den verlorenen Siegen

der vergangenen zwölf Monate,

empfange ich auf den Knien

die Verheißungen des neuen Jahres:

seinen Reichtum, seine Gesundheit,

sein Glück, seine Küsse,

seine schönen Mädchen.

 

Dann stehe ich auf

und schmiede das Jahr

nach meinem Willen.

 

Dezember 2023

 

Hans Krech

 

Mein Gym 1: Der Power-Trainingsrhythmus

 

"I love Rockn´Roll!"

brüllt Britney aus den Lautsprecherboxen

in meinem Gym McFit

in der ersten Etage des UCI-Kinos Hamburg-Othmarschen.

Es wackeln die Kraftmaschinen,

tanzen die Hanteln,

rollen die Schwungräder,

pendeln die Sandsäcke,

rattern die Laufbänder,

stöhnen die schweißüberströmten Power-Mädchen,

hecheln die Bodybuilder unter dem Eisen,

gnadenlos im Britney-Super-Drive gefangen,

der jeden Atemzug bestimmt,

jeden Herzschlag,

jede Bewegung,

jeden Gedanken,

jede menschliche Regung,

jeden Blick.

 

"I love Rockn´Roll!"

Und Britney legt zu,

sie steht auf einem harten Finale,

steigert sich zu einem Orkan,

das das halbe Gebäude schwankt,

ein Erdbeben bricht aus,

die Fitness-Junkies vor sich hertreibend,

in einen Orgasmus des Willens!

 

(geschrieben am 10.9.2023, Nachmittag im kleinen Park an der Cranachstr.)